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Überlasse nichts dem Zufall: So bereitest du dich als Scrum Master in 5 Schritten auf die Sprint-Retrospektive vor

October 24, 2024

Wie bereitest du dich auf die nächste Sprint-Retrospektive vor?

Diese Frage stelle ich Scrum-Master-Neulingen regelmäßig. Die Antwort lautet in 9 von 10 Fällen: „Ich überlege mir ein Format und erstelle eine Agenda.“ Aber fehlt da nicht etwas? Aus meiner 10-jährigen Erfahrung mit Retrospektiven kann ich dir versichern, dass dem so ist. Ein Format zu finden und eine Agenda zu schreiben ist nicht mal die halbe Miete.

Es ist nur ein Fünftel der Miete für eine erfolgreiche Retrospektive.

Lass uns die drei Bestandteile, die aus meiner Sicht eine gute Vorbereitung ausmachen, im Detail besprechen. Beginnen wir mit dem Schritt, den noch die meisten Scrum Master machen:

Schritt 1: Den Ablauf planen

Bei der Planung des Ablaufs solltest du dir drei Fragen stellen:

Frage 1: Was ist das Ziel der Sprint-Retrospektive?

Hierzu können wir einen Blick in den Scrum Guide werfen. Dort steht:

  • „Der Zweck der Sprint-Retrospektive ist es, Wege zur Steigerung von Qualität und Effektivität zu planen.“
  • „Das Scrum Team bespricht, was während des Sprints gut gelaufen ist, auf welche Probleme es gestoßen ist und wie diese Probleme gelöst wurden (oder auch nicht).“

Es geht also darum, Verbesserungen zu identifizieren, und der Zeitraum, den wir betrachten, ist dieser Sprint. Dieser Zusatz unterscheidet eine Sprint-Retrospektive von einer Projektretrospektive.

Jetzt kannst du dir ein Format überlegen oder recherchieren, wie du dieses Ziel erreichen willst. Hier einige Quellen:

Mache dir im Anschluss noch Gedanken zum Zeitplan, zur Agenda und zu Moderationstechniken.

Wenn du dir das Ziel noch mal vor Augen geführt hast und ein Format gewählt hast, wie du dorthin kommen willst, bleibt die Frage:

Frage 2: Wie soll das Ergebnis der Retrospektive festgehalten werden?

Der Scrum Guide gibt dir hier wieder eine Empfehlung:

Mache Verbesserungen direkt im Sprint-Backlog des nächsten Sprints transparent. Natürlich ist das nur eine Möglichkeit. Andere wären, die Definition-of-Done oder das Team-Working-Agreement anzupassen. Manche Scrum Master führen auch einen Impediment-Backlog.

Wie du siehst, gibt es viele Möglichkeiten. Wichtig ist, dass du die Ergebnisse der Retrospektive so transparent machst, dass sie auch umgesetzt werden können.

Was uns zur letzten Frage in diesem Schritt führt:

Frage 3: Wie erhalte ich Feedback zur Retrospektive?

Als Scrum Master bist du ein Vorbild für Scrum und Agilität, also für kontinuierliche Verbesserung. Das Scrum-Master-Mantra sollte also immer lauten:

Es gibt immer etwas zu verbessern.

Diese Haltung solltest du auch gegenüber der Retrospektive bewahren. Mache am Ende eine kurze Retrospektive zur Retrospektive.

Hierfür nutze ich gerne den ROTI-Strahl:

Das Ergebnis der Retrospektive zur Retrospektive liefert Anhaltspunkte, was du bei der nächsten Retrospektive verbessern kannst.

Was uns zum zweiten Schritt führt:

Schritt 2: Szenario-Planung für Interventionen machen

Erinnern wir uns an das Agile Manifest, dort steht:

„Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans“

Als Scrum Master stehen wir zu diesem Wert.

Wenn allerdings Harry und Ron jetzt über konkrete Maßnahmen sprechen wollen, Hermine und Hedwig dich bitten: „Wir brauchen noch 10 Minuten, wir verstehen die Gründe hinter dem Problem noch nicht wirklich“, ein Blick auf dein Handgelenk dir sagt, dass in 13 Minuten Lord Voldemort diesen Raum gebucht hat, dann klingt dieser Wert in der Theorie gut. Er hilft dir jetzt aber nicht weiter.

Wie kannst du dich also auf solche Situationen vorbereiten, damit du dann wirklich auf Veränderung reagieren kannst und nicht hilflos danebenstehst, wenn der Plan nicht aufgeht?

Die Antwort ist Szenario-Planung und Reflexion.

Beginnen wir mit der Szenario-Planung.

Eine Technik, die ich einige Jahre genutzt habe, um meine Facilitation-Reflexe zu trainieren, ist die Folgende:

Dazu habe ich mir vor der Retrospektive einige Minuten Zeit genommen, mein Notizbuch zur Hand genommen und mir schriftlich überlegt, was alles schiefgehen könnte.

Einige Beispiele, was schiefgehen könnte:

  • Jemand kommt zu spät zum Termin und verpasst den Check-in.
  • Themen reihum vorzustellen dauert länger als erwartet.
  • Eine Person ist heute besonders redefreudig.

Dann habe ich mir zu jedem dieser Punkte aufgeschrieben, wie ich darauf reagieren könnte. Welche Moderationstechnik könnte mir helfen oder welche sprachliche Intervention kann ich nutzen?

Das bewusste Durchspielen, was schiefgehen kann und wie ich darauf reagiere, hat mich auf die Situation in der Retrospektive vorbereitet. Wenn es dann zu einer dieser Situationen kam, wusste ich sofort, was ich machen kann.

Für die Situationen, die in der Retrospektive schiefgehen können, gibt es auch ein hilfreiches Modell. Es heißt die Groan-Zone. Da du damit solche Situationen noch besser beleuchten und die Gründe dahinter verstehen kannst, erkläre ich es ausführlich in jedem meiner „Professional Scrum Facilitation Skills“-Trainings.

Die andere Technik ist die Reflexion nach der Retrospektive:

Schritt 3: Reflexion

Hierzu stelle ich mir zwei Fragen:

  • Welche drei Dinge liefen heute besonders gut?
  • Und welche drei Dinge werde ich beim nächsten Mal anders machen?

Neben den Erkenntnissen, die sich für dich im Moment daraus ergeben, habe ich noch einen Tipp für dich: Du kannst die Antworten der zweiten Frage sehr gut als Input für die Szenario-Planung der nächsten Retrospektive nutzen.

Zwei Bemerkungen zu den Reflexionsfragen:

  • Warum frage ich mich nicht, was schlecht lief? Weil ich immer davon ausgehe, dass ich mein Bestes gegeben habe. Was im Moment zur Verfügung stand, habe ich auch genutzt.
  • Warum drei Dinge? Wirklich nachdenken müssen wir erst bei mehreren Dingen. Besser wären also 10 Dinge. Je mehr Dinge du dir notierst, desto tiefere Einsichten wirst du finden. Drei ist ein guter Anfang.

Zum Abschluss noch der letzte Schritt:

Schritt 4: Gedankenparken

Den Ablauf der Retrospektive planen, vorab eine Szenario-Planung durchführen und im Anschluss der Retrospektive eine kurze Reflexion sind alles hilfreiche Maßnahmen.

Allerdings gibt es Retrospektiven, da passt etwas nicht. Du bist nicht wirklich präsent. Es fällt dir schwer, nicht Partei für eine Seite zu ergreifen. Bei langen Diskussionen wirst du schnell ungeduldig.

Häufig liegt es daran, dass uns Gedanken in die Retrospektive verfolgen:

  • Die Themen eines Mitarbeitergesprächs vom Vormittag lassen dich nicht los.
  • Für morgen muss unbedingt noch ein Workshop für das Führungsteam vorbereitet werden.
  • Oder dass in diesem Sprint wieder nur 3 von 11 User-Stories wirklich fertig wurden, ärgert dich.

Allerdings ist unsere Aufgabe als Scrum Master, in der Retrospektive so neutral wie möglich zu sein. Der Erfolg der Retrospektive hängt maßgeblich davon ab, ob wir für alle Themen ein offenes Ohr haben und bereit sind, Seiten zu beleuchten.

Wie also diese Gedanken vor der Retrospektive abschütteln?

Hierfür gibt es eine Technik, die ich in meiner „GFK“-Ausbildung gelernt habe. Ich kenne sie unter dem Namen „Gedankenparken“.

Sie ist sehr einfach und gleichzeitig sehr wirkungsvoll.

Nutze die 15 Minuten, bevor der Call zur Retrospektive beginnt oder das Team den Meetingraum betritt, so:

  • Nimm ein leeres Blatt und einen Stift zur Hand.
  • Leg dein Handy weg und deaktiviere MS Teams.
  • Stell dir einen Timer auf 5 – 10 Minuten.
  • Nun schreibe alle Gedanken auf, die dir durch den Kopf gehen. Alles ist erlaubt.

Drei Bemerkungen zum Gedankenparken:

  • Stift und Papier zu nutzen ist hier entscheidend, da es die Gedanken etwas verlangsamt und die Konzentration auf den Moment fördert.
  • Für mich bewirkt das Aufschreiben, dass ich jetzt keine Angst mehr habe, meine To-dos für später zu vergessen. Der Zettel fungiert wie eine Einkaufsliste.
  • Meiner Erfahrung nach reichen meistens 5 Minuten. Dann fühle ich mich geleert und offen für Neues.

Nach dieser Übung kann die Retrospektive beginnen.

Schritt 5: Die Retrospektive durchführen

Los geht es ... und viel Spaß!


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