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Scrum-Master-Superkraft: Wie du mit Facilitation 3 gängige Probleme löst – auch als Scrum-Neuling

February 6, 2025

Wie wirst du Scrum Master?

Hoffst du, dass die Antwort lautet: Besuche diese Agile-Coach-Ausbildung, schreibe dich in diesem Studiengang zur Organisationsentwicklung ein oder lies ein Buch? Dann muss ich dich enttäuschen.

Stattdessen solltest du deine Superkraft entdecken. Was meine ich damit? Als Kind habe ich Basketball gespielt. Meine Position war Aufbauspieler und meistens war ich Kapitän der Mannschaft. Ich habe es geliebt, meine Mitspieler in Szene zu setzen, Spielzüge zu dirigieren und zu gewinnen. Allerdings kann ich mich an kein Spiel erinnern, in dem ich über 10 Punkte erzielte. Wenn ich so über meine Karriere nachdenke, dann hat sich dieses Muster wiederholt. Es zeigte sich, dass ich gerne Teams zum Erfolg führe. Am erfolgreichsten war ich dabei immer, wenn ich es schaffte, dass alle im Team zusammenarbeiteten.

So bin ich auch zur Scrum-Master-Rolle gekommen.

Irgendwann habe ich angefangen, mich in unserem Entwicklungsteam dafür einzusetzen, dass wir besser zusammenarbeiten. Ich habe Retrospektiven organisiert, Daily-Stand-ups veranstaltet und unsere Aufgaben an einem Whiteboard visualisiert.

Teamerfolg zu erleichtern, das ist Facilitation.

Dieser Werdegang ist nicht untypisch.

Viele Scrum Master berichten mir, dass Facilitation ihr Einstieg war. Sie haben ihre Superkraft entdeckt. Deine Superkraft ist dein Talent. Deine besondere Stärke.

Da dieser Werdegang gängig ist, empfehle ich angehenden Scrum Mastern, sich darauf zu konzentrieren. Verbessere deine Facilitation-Fertigkeiten – und zwar noch bevor du darüber nachdenkst, deine Coaching- oder Lehrfähigkeiten zu verbessern. Gute Facilitation ist anfänglich der größte Hebel, um Teams erfolgreich zu machen.

Hier sind 3 Probleme, die du mit Facilitation verbessern kannst und somit deinem Team hilfst, erfolgreicher zu sein.

Problem 1: Daily Scrums sind Status-Meetings

Welches Bild hast du vom Daily Scrum?

Ich denke immer an die Auszeit im Basketball. Es läuft nicht gut. Der Gegner hat einen Lauf. Der Coach will den Lauf unterbrechen und holt seine Spieler in einer Auszeit zusammen. Eine Minute ist nicht viel Zeit. Gerade genug, um den Spielern zu sagen, was wir jetzt anders machen sollten, damit wir das Spiel doch noch gewinnen können. Die Auszeit endet mit einem High-Five. Das Vorbild des Daily Scrums ist ein „Scrum“ im Rugby. Dort geht es um dasselbe: Durch Teamwork und geschickte Taktik versucht das Team, den Ballbesitz zu erlangen.

In beiden Sport-Beispielen wird eine Sache nicht helfen:

Jeder Spieler berichtet, woran er gestern gearbeitet hat und woran er heute arbeiten will. Zum einen ist dafür nicht genug Zeit, zum anderen ist das, was passiert ist, nicht mehr wichtig. Und zuletzt gibt es kein „I“ im Team.

Wenn du den Teamerfolg erleichtern willst, dann hilf dem Team, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Im Sport: Wie können wir an den Ball kommen, damit wir gewinnen? In der Produktentwicklung: Wie können wir als Team zusammenarbeiten, um unser Sprint-Ziel zu erreichen?

Willst du einen Statusreport in ein Daily Scrum verwandeln? Dann facilitiere das Daily Scrum mit dieser Frage:

„Wer sollte heute mit wem an was arbeiten, damit wir das Ziel bis zum Ende des Sprints erreichen?“

Problem 2: Sprint-Reviews sind nur Präsentationen von (abgeschlossenen) Tasks

Worin besteht der Zweck des Sprint-Reviews?

Häufig lautet die Antwort: Die Entwickler demonstrieren den Fortschritt ihrer Arbeit.

Diese Antwort hat einen wahren Kern, allerdings fehlt auch noch einiges.

Betrachten wir gemeinsam die Geschichte von Scrum:

Ken Schwaber und Jeff Sutherland haben Sprints zum Bestandteil von Scrum gemacht, damit das Risiko der finanziellen Investition des Auftraggebers beschränkt wird. Spätestens nach 30 Tagen sieht der Auftraggeber, wofür er sein Geld bisher ausgegeben hat. Das war revolutionär. Scrum stammt aus einer Zeit, da liefen Projekte über Jahre, und die Auftraggeber konnten von Glück reden, wenn sie pünktlich zum Ende eine Lieferung erhielten. Weiter sehen wir, dass Software nur dann ihr Geld wert ist, wenn sie geliefert wird. Sie muss durch den Kunden nutzbar sein. Deshalb gibt es das Sprint-Review. Der Auftraggeber kann überprüfen, ob die mögliche Lieferung nutzbar ist. Die Kombination von Sprints und Sprint-Reviews hilft also dem Auftraggeber, zu entscheiden, ob sein Geld gut investiert ist.

Sprints und Reviews dienen der Risikokontrolle.

Leider ist das nicht ausreichend, um erfolgreich zu sein: Was ist, wenn die Kunden etwas anderes haben wollen?

Dienen Sprints nur als Meilensteine auf dem Weg, einen Plan für ein jahrelanges Projekt zu überprüfen, dann hat das nichts mit Agilität zu tun. Agilität bedeutet, Veränderungen im Markt als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Beklagen sich Nutzer über die umständliche Menüführung, brauchen wir kurzfristig ein KI-Feature, um mit den Mitbewerbern Schritt zu halten, oder wollen wir das Projekt vorzeitig beenden, da wir mehr Geld in eine andere Initiative investieren wollen, dann muss die Umsetzung im nächsten Sprint möglich sein.

Damit das Scrum Team erkennt, ob eine schnelle Richtungsänderung einen Wettbewerbsvorteil bietet, braucht das Team Feedback. Feedback der Nutzer. Feedback der Kunden. Feedback der Auftraggeber. Feedback zur Marktsituation. Feedback zu neuen Technologien. Und dieses Feedback sollte spätestens alle 30 Tage neu erhoben werden.

Feedback einholen – das ist der zweite Bestandteil des Sprint-Reviews.

Nutzt du als Scrum Master eine facilitative Haltung, dann stelle dir die Frage: Wie kann ich es erleichtern, dass mein Team regelmäßig Feedback erhält? Wen sollten wir zum Review einladen, wie sollte das Sprint-Review gestaltet sein, und wie kann ich das Review moderieren, damit das Team wirkliches Feedback erhält?

Nach dem Daily Scrum und dem Sprint-Review widmen wir uns zum Schluss noch der Retrospektive:

Problem 3: Retrospektiven führen nicht zu Verbesserungen

Das wichtigste Beispiel, bei dem gute Facilitation nützlich ist, ist zweifelsohne die Sprint-Retrospektive.

Wenn ich an eine Sprint-Retrospektive denke, dann denke ich auch an meine Kindheit zurück.

Als ich als Austauschschüler in den USA zur Schule ging, durfte ich auch dort Basketball spielen. All unsere Spiele wurden damals auf Video aufgezeichnet. Am Tag nach dem Spiel begann jedes Training damit, dass die ganze Mannschaft sich das Video ansah und wir unser Zusammenspiel analysierten.

Später habe ich mir oft gewünscht, dass der ganze Sprint aufgezeichnet wird und wir ihn dann in der Sprint-Retrospektive analysieren können. Damit wäre klar, was wirklich vorgefallen ist und was nur Interpretation war.

Da Videoaufzeichnungen wahrscheinlich in den meisten Teams keine Option sind, brauchen wir einen anderen Ansatz. Du hast es bestimmt bereits erraten:

Ich spreche von Facilitation.

Eine gute Facilitation der Retrospektive hilft dem Team, zu erkennen, wie der Sprint in Hinblick auf die Zusammenarbeit, die Prozesse und die Werkzeuge zur Entwicklung von Software lief. Nachdem die Tatsachen bekannt sind, geht es darum, sie zu interpretieren: Was hat geholfen? Was war eher hinderlich und warum?

Zum Schluss hilfst du dem Team als Facilitator, die Frage zu beantworten:

Was sollten wir im nächsten Sprint anders machen, und woran erkennen wir, dass es funktioniert hat?

Wie kannst du entdecken, ob Facilitation auch deine Superkraft werden kann?

Drei Schritte für dich:

  1. Probiere die Fragen des Artikels aus.
  2. Bitte im Anschluss dein Team um Feedback, was beim nächsten Scrum Event verbessert werden kann.
  3. Berücksichtige das Feedback und versuche es erneut.

PS: Wenn du trotz aller Warnungen doch gerne erst ein Training besuchen willst, dann komm bitte zum „Professional Scrum Facilitation Skills“-Training. Dort kannst du Facilitation in sicherer Umgebung ausprobieren. Marc und ich unterstützen dich gerne bei deinen ersten Schritten.


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