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Professional Scrum Master III: So habe ich die Prüfung mit 95 % bestanden – und drei Lektionen aus der intensiven Vorbereitung

December 2, 2024

Ende 2017 meldete ich mich zum ersten Mal zur „Professional Scrum Master III“-Prüfung an.

Ich wollte beweisen, dass ich mich mittlerweile richtig gut mit Scrum auskenne. Insgeheim spielte ich bereits mit dem Gedanken, irgendwann einmal Scrum Trainer zu werden. Die Prüfung stellt die Einstiegshürde für Trainer dar. Ich folgte dem gängigen Rat aus Scrum Foren: Bis zur Prüfung las ich jedes Buch über Scrum, das es auf dem Markt gab.

Nach 20 Minuten der Prüfung sollte ich eigentlich schon bei Frage 6 sein.

Ich hatte aber noch nicht mal die zweite Frage beantwortet. Es fiel mir schwer, die Fragen inhaltlich korrekt zu beantworten. Dazu schaffte ich es nicht, die Antworten knapp in einigen wenigen Sätzen auf den Punkt zu bringen, ohne sie mehrmals umzuformulieren. Bisweilen stand ich völlig neben mir und selbst einfache englische Wörter fielen mir nicht mehr ein. Am Ende hatte ich nur noch zehn Minuten zur Beantwortung der letzten sieben Fragen.

Nachdem ich die Prüfung abgegeben hatte, checkte ich mehrmals am Tag meine E-Mails. Mir war bewusst, dass die Prüfung alles andere als gut gelaufen war. Aber ich wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben. Vielleicht war ich doch besser gewesen, als ich dachte? Oder vielleicht würden die Korrektoren bei mir nochmal alle Augen zudrücken ... oder vielleicht ...

Dann endlich. Ich hatte eine Antwort vom Korrektor im Postfach:

„... in several cases, your answer lacked the depth needed to get full marks. Brief answers are often best, but there were times where they were too brief.“

Nachdem ich diese Zeilen gelesen hatte, klappte ich mein Notebook zu. Und verabschiedete mich damit auch vom Traum, Professional Scrum Master III zu werden. Vorerst.

Einige Wochen später telefonierte ich mit meinem Mentor. Er war Professional Scrum Trainer mit langjähriger Erfahrung. Und einer der Wenigen, die ich in meinen Traum, Scrum Trainer zu werden, eingeweiht hatte. Natürlich kam das Gespräch irgendwann auf die Prüfung. Zuerst druckste ich herum, aber dann erzählte ich ihm von allem.

Beim Erzählen erkannte ich etwas:

Ich hatte es mir bei der Vorbereitung auf die Prüfung zu leicht gemacht.

Bücher zu lesen ist zwar angenehm, es ist aber eben auch nur Lesen. Die Prüfung erfordert allerdings Schreiben. Also aktives Handeln und nicht passives Sitzen auf dem Sofa mit einem Buch. Als mir das bewusst wurde, wollte ich mir die Haare ausreißen. Ich sollte es doch eigentlich besser wissen. Aus meinem Studium der Mathematik wusste ich, dass nur in der Vorlesung zu sitzen und zuzuhören keine ausreichende Vorbereitung auf die Abschlussprüfung ist. Ich musste mich selbst mit dem Thema beschäftigen. Ich musste mir Fragen stellen. Ich musste mir Notizen machen. Und vor allem musste ich Aufgaben lösen. Erst wenn ich mit meinem Wissen wirklich auch Aufgaben lösen konnte, dann bestand ich die Prüfung am Ende des Semesters auch.

Deshalb beschloss ich nach dem Gespräch:

Von heute an werde ich täglich eine knifflige Frage zu Scrum beantworten. Wissen und Erfahrung allein reichen nicht aus, um die „Professional Scrum Master III“-Prüfung zu bestehen, sondern ich musste meine Erfahrungen auch schnell zu Papier bringen. Das wollte ich von nun an trainieren.

Ende 2019 bestand ich die Prüfung dann mit 95 %. Und wenige Monate später wurde ich sogar in die Community der Professional Scrum Trainer aufgenommen.

Denke ich so über meine Vorbereitung nach, dann hat sie mich drei Lektionen gelehrt:

Lektion #1: Das Zertifikat öffnet Türen

Häufig werde ich gefragt, ob sich der „Professional Scrum Master III“ lohne.

Wie immer bei solchen Fragen lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Aber worauf kommt es an? Wenn du Professional Scrum Trainer werden willst, dann führt kein Weg darum herum. Und für mich hat es sich gelohnt, Scrum Trainer zu werden. Hast du auch diesen Traum? Dann lohnt es sich immer, aus der breiten Masse herauszustechen.

Denn es ist kein Geheimnis mehr, dass der Markt für Scrum Master im Moment umkämpft ist.

Unternehmen stellen nicht mehr so viele Scrum Master ein. Gleichzeitig wollen viele Menschen Karriere in der IT machen. Wahrscheinlich hat es sich mittlerweile zu jedem herumgesprochen, dass dort gute Gehälter gezahlt werden. Ohne technisches Know-how sehen viele Menschen dann ihre beste Chance darin, sich als Projektleiter oder Scrum Master zu bewerben. Was dazu führt, dass viele Scrum Master um wenige Stellen konkurrieren.

Als „Professional Scrum Master III“ hebst du dich in jedem Bewerbungsgespräch von dieser Konkurrenz ab.

Ich kann mich an zwei Projekte erinnern, bei welchen die Zertifizierung am Ende den Unterschied gemacht hat. Aber natürlich kannst du dich auch auf andere Art und Weise von der Konkurrenz abheben. Wenn du viel Berufserfahrung hast, besondere Projekte gemacht hast oder viele Jahre als Entwickler gearbeitet hast.

Mir hat das Zertifikat in den letzten Jahren viele Türen geöffnet, aber ...

Lektion #2: Unterschätze nicht den Aufwand

Scrum Wissen allein wird dir bei der Prüfung nicht helfen.

Das Wissen aus dem Scrum Guide oder aus Büchern über Scrum stellt lediglich die Grundlage dar. Reines Scrum Wissen wird nur in der „Professional Scrum Master I“-Prüfung abgefragt. In der „Professional Scrum Master III“-Prüfung geht es darum, wie du das Wissen angewendet hast. Es geht darum, dass du deine Erfahrung mit Scrum wiedergeben kannst. Du musst zeigen, dass du am eigenen Leib erfahren hast, was es bedeutet, empirisch zu handeln. Du musst Teil eines Scrum Teams gewesen sein. Außerdem musst du beschreiben können, dass du Produkte mitentwickelt hast, die Kunden glücklich und Unternehmen erfolgreich gemacht haben.

Dabei habe ich etwas unterschätzt:

Es ist das Eine, Erfahrung gemacht zu haben, und etwas ganz Anderes, diese Erfahrung kurz und präzise in wenigen Minuten aufzuschreiben. Das Feedback zur Prüfung zeigt es deutlich.

„... in several cases, your answer lacked the depth needed to get full marks. Brief answers are often best, but there were times where they were too brief.“

Und ich kann es nicht häufig genug wiederholen:

Es hat mich sehr viel Zeit gekostet, meine Erfahrungen zu verinnerlichen und auf den Punkt zu bringen. Mir hat damals sehr der Besuch des „Professional Scrum Master – Advanced“-Trainings geholfen. Dort habe ich zum ersten Mal erlebt, wie fortgeschrittene Scrum Master über Probleme sprechen und sich gegenseitig unterstützen.

Nach dem Training habe ich mich immer gefragt:

  • Wie unterstützt mein Handeln die Transparenz und damit den empirischen Prozess?
  • Wie kann ich Scrum Werte vorleben, um ein Umfeld zu schaffen, in dem Vertrauen herrscht, damit sich Transparenz einstellt?
  • Wie kann ich unserem Team helfen, sich mehr selbst zu managen?

Ich habe mir die Antworten immer aufgeschrieben. Sie dienten mir dann bei der Vorbereitung zur Prüfung. Sie waren eine Quelle für Beispiele. Die Herausforderung bei der Prüfung besteht aber nicht nur darin, genügend persönliche Beispiele zur Verfügung zu haben.

Du musst die Beispiele auch auf den Punkt wiedergeben können.

Im PSM-3-Bootcamp geben Marc und ich hierfür Scrum Mastern diese Fragen an die Hand:

  • Was ist die Ausgangssituation?
  • Welches Problem gilt es zu überwinden oder welches Ziel gilt es zu erreichen?
  • Wie hat der gewählte Ansatz geholfen, dieses Ziel zu erreichen?

Diese Fragen helfen dabei, aus einem unpräzisen Erfahrungsbericht eine präzise Antwort auf eine Frage in der „Professional Scrum Master III“-Prüfung zu formulieren.

Lektion #3: Mache es nicht allein

Wochenlang auf das Ergebnis der Prüfung zu warten ist schon nicht leicht.

Wenn das Ergebnis dann kommt und du niemanden hast, mit dem du darüber reden kannst, – das hat für mich die Sache noch schwerer gemacht. Hätte ich eine Zeitmaschine, dann würde ich ins Jahr 2017 zurückreisen und meinem jungen, unerfahrenen Ich raten:

Mache es nicht alleine, suche dir andere Scrum Master und bereite dich gemeinsam mit ihnen vor.

Viele Jahre später sind die Vorteile für mich offensichtlich:

1. Austausch: Schreibblockaden lassen sich überwinden.

Unvorbereitet eine Antwort auf eine Prüfungsfrage zu formulieren, war sehr schwierig.

Es hat mich viel Zeit gekostet. So viel Zeit, dass ich in der Prüfung schon nach der zweiten Frage in Zeitnot kam. Als ich es dann mehr geübt habe, war es auch nicht unbedingt leichter. Ein weißes Blatt und eine Stoppuhr mit drei Minuten haben sofort zu einer Schreibblockade geführt. Über die Jahre habe ich gemerkt, dass ich diese Blockade leicht überwinden kann, indem ich erst mit anderen über das Thema spreche. Bei einem Gespräch ohne Zeitdruck kann ich in Ruhe meine Argumente sammeln. Wenn ich dann schreiben muss, kann ich auf diese Gedanken einfach zurückgreifen. Das Beantworten der Frage reduziert sich auf das Auswählen der passenden vorgefertigten Gedanken und Ideen.

Für dieses Gespräch sind allerdings Gleichgesinnte nötig.

2. Feedback: Die erste Antwort ist nie die beste.

Blättere ich meine Notizen von damals durch, dann sehe ich einen Trend:

Am Anfang waren die Antworten immer fast eine Seite lang. Nach vielen, vielen Versuchen dann irgendwann nur noch drei bis fünf Sätze. Was etwa dem entspricht, was ich auch in weniger als drei Minuten tippen kann.

Wie konnte ich die Antworten so reduzieren?

Ich habe versucht, einen objektiven Blick auf meine Antwort einzunehmen und sie zu bewerten:

  • Was ist wirklich notwendig für die Beantwortung der Frage?
  • Was habe ich vergessen zu erwähnen?
  • Was lässt sich präziser formulieren?

Allerdings ist es mir sehr schwergefallen, objektiv zu sein. Verständlich. Ich habe ja gerade so viel Zeit und Energie in die Antwort investiert, warum sollte ich da jetzt etwas löschen? Es ist doch alles wichtig, sonst hätte ich es ja nicht aufgeschrieben.

Eine unbeteiligte Person kann dies mühelos abkürzen. Ein anderer Scrum Master kann sich die Antwort durchlesen und schnell Feedback geben.

  • Wurde die Frage wirklich beantwortet?
  • Lässt sich die Antwort auf empirisches Handeln zurückführen?
  • Sind die Scrum Werte zu erkennen?
  • usw.

Rückblickend hätte mir frühes Feedback sicherlich viel Zeit erspart.

3. Mentale Unterstützung: Nicht alle Tage sind einfach.

Ich bin ein sehr disziplinierter Mensch.

Das war schon immer eine meiner Stärken. Ich bin nicht der Gründlichste. Ich bin nicht leicht zu begeistern. Aber ich habe Disziplin. Trotz all der Disziplin hatte ich meine Schwierigkeiten, mich jeden Tag hinzusetzen und mich auf die Prüfung vorzubereiten.

Damit mir das gelang, habe ich ein Ritual daraus gemacht.

Jeden Morgen direkt vor Arbeitsbeginn beantworte ich eine Frage. Vorher öffne ich weder das E-Mail-Postfach, noch hole ich mir einen Kaffee aus der Kaffeeküche. Ich müsste dich anlügen, wenn ich dir jetzt sagen würde, dass es jeden Tag geklappt hat. Und natürlich gab es immer gute Gründe, heute von der Routine abzuweichen. Das Sprint-Planning in letzter Minute noch vorzubereiten, ist bestimmt eine Ausnahme wert. Etwas länger zu schlafen und dann eine Minute vor dem Daily-Scrum im Büro zu erscheinen, ist auch in Ordnung, wenn der Kinofilm gestern Überlänge hatte.

Ich denke, wenn ich nicht allein gewesen wäre, wenn ich gewusst hätte, dass es noch jemand anderen gibt, der heute keine Ausnahme macht, wäre es mir leichter gefallen. Vielleicht hätte ich dann abends nochmal die Motivation aufgebracht und eine Frage beantwortet.

Das Gefühl, nicht allein zu sein, hilft einem durch so manchen schlechten Tag in der Vorbereitung.

Hast du bereits die „Professional Scrum Master – Advanced“-Schulung besucht und willst aus der breiten Masse von Scrum Mastern herausstechen? Willst du dich nicht allein vorbereiten, sondern dich mit anderen Scrum Mastern dabei austauschen? Dann besuche das PSM-3-Bootcamp. Marc und ich unterstützen dich gerne bei deiner Vorbereitung zur Prüfung.


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