Bei Energizern bin ich geteilter Meinung.
Einerseits ist Bewegung die Grundlage fürs Lernen. Bewegung sorgt für mehr Sauerstoff im Gehirn und das fördert das Lernen. Andererseits opfere ich ungern wertvolle Lernzeit für reine Bewegung in Schulungen. Deshalb nutze ich Energizer nur sehr sparsam im Training – und wenn, dann nur solche, die auch zum Lernerfolg beitragen und nicht nur Blödsinn sind.
Hier die Top 3 meiner Workshop-Energizer:
Energizer #1: Schneeballschlacht
Richtig außer Atem sein, dabei spielerisch Spaß haben und noch etwas lernen – und das alles in einer Übung?
Hättest du mir noch letzten Sommer gesagt, dass es eine solche Übung gibt, hätte ich den Kopf geschüttelt. Nach fünf Jahren als Trainer und über zehn Jahren als Workshop-Moderator war ich überzeugt, dass ich jede Übung und jeden Energizer kenne.
Allerdings habe ich mich wohl geirrt.
Eine solche Übung gibt es wirklich und sie heißt Schneeballschlacht. Und das Beste: Sie ist nicht nur universell einsetzbar, sondern dauert auch nicht länger als zehn Minuten. Ich habe sie von den beiden „Training from the Back of the Room“-Trainern Nicole Fleming und Jean-Paul Bayley auf dem TBR-Camp im Herbst in Madrid kennengelernt. Hier findest du einen Bericht dazu.
Hier die Schritte im Detail:
- Jeder Trainingsteilnehmer bekommt drei leere, weiße Blätter. Darauf notiert er sich jeweils eine Erkenntnis, die er bisher im Training gewonnen hat.
- Dann werden die Blätter zu Schneebällen zerknüllt und los geht’s: Die Schneeballschlacht beginnt.
- Gewinner ist der Teilnehmer, der fünfzigmal die anderen Teilnehmer mit seinen oder den herumliegenden Schneebällen abwerfen kann. Jeder zählt dabei laut seine Treffer.
- Für den Gewinner gibt es eine Runde Applaus.
- Anschließend hebt jeder Teilnehmer drei Schneebälle vom Boden auf, öffnet diese und liest sich die Einsichten durch.
- Zum Abschluss tauschen sich die Teilnehmer paarweise über die Einsichten auf den Papieren aus.
Seitdem ich die Schneeballschlacht kenne, nutze ich sie in jedem Training nach der Mittagspause, um den Vormittag zu wiederholen und mit Energie in den Nachmittag zu starten.
Energizer #2: Egg and Shell
Diesen Energizer habe ich von Marc Kaufmann gelernt.
Er heißt „Egg and Shell“ und – wie der Name verrät – spielen die Teilnehmer jeweils ein Ei und dessen Schale.
Die Schritte im Detail:
- Bitte die Teilnehmer, sich in Gruppen von vier bis sechs Personen aufzuteilen.
- Jede Gruppe wählt eine Person als Ei. Die anderen Teilnehmer sind die Schale.
- Nun fassen sich die Schalen an den Händen und bilden einen Kreis um das Ei in der Mitte. Ab jetzt sollte absolute Stille herrschen.
- Jetzt schließt das Ei seine Augen und dreht sich zehnmal im Kreis. Im Anschluss beginnt das Ei mit geschlossenen Augen durch den Raum zu gehen.
- Die Aufgabe der Schalen ist es, das Ei zu beschützen. Sollte das Ei auf ein Hindernis treffen, müssen sie es sanft umleiten, dabei aber die Hände der anderen Schalen nicht loslassen.
- Nach etwa einer Minute bleiben alle Teilnehmer stehen und das Ei öffnet wieder seine Augen.
- Zum Abschluss reflektieren das Ei und die Schalen gemeinsam, wie diese Erfahrung für sie war.
Die Übung ist etwas weniger energiegeladen als die Schneeballschlacht, dafür lässt sich damit viel über Vertrauen und Teamzusammenhalt erfahren.
Zum Abschluss noch ein Energizer, der wahrscheinlich nicht in diese Kategorie fällt.
Energizer #3: Mad Tea Party
Da die Übung nicht als Energizer konzipiert ist, ist sie mein Geheimtipp für dich.
Sie heißt „Mad Tea Party“. Die Party besteht aus zwei konzentrischen Kreisen von Menschen, die sich gegenseitig eine Reihe von Sätzen vervollständigen. Nach jeder Minute wird der Partner gewechselt. Im ersten Moment mag es nach Chaos klingen. Wenn du es einmal erlebt hast, wirst du erkennen, dass die Übung viel Gelächter, Austausch und positive Energie erzeugt.
Zuerst die Schritte der Übung im Detail:
- Bitte alle Teilnehmer, zwei konzentrische Kreise zu bilden. Dann sollte jede Person jemandem direkt gegenüberstehen.
- Erkläre kurz die Regeln: Innerhalb von 30 Sekunden vervollständigt eine Person den Satz auf dem Flipchart, während die andere zuhört.
- Nun bittest du eine Person in jedem Paar, den ersten Satz zu beenden. Die Person mit der kleineren Schuhgröße beginnt. Nach 30 Sekunden läutest du einmal die Glocke, und dann forderst du die andere Person auf, dasselbe zu tun.
- Lasse die Glocke nach einer Minute zweimal läuten. Dann erinnerst du die Teilnehmer im äußeren Kreis daran, nach rechts zum nächsten Partner zu rotieren (nach der ersten Runde musst du das nicht mehr wiederholen).
- Wiederhole die Schritte 2 bis 4 für jeden weiteren Satz.
Hier eine Liste von möglichen Sätzen, die die Teilnehmer vervollständigen können:
- Was mich bei dieser Arbeit zuerst inspiriert hat, ist …
- Etwas, mit dem wir lernen müssen zu leben, ist …
- Eine Unsicherheit, an die wir uns kreativ anpassen müssen, ist …
- Was ich in unserer derzeitigen Situation als Herausforderung empfinde, ist …
- Bevor wir unseren nächsten Schritt machen, dürfen wir nicht vergessen, …
- Etwas, das wir nicht mehr tun (oder veräußern) sollten, ist …
- Was ich mir von dieser Arbeit für uns erhoffe, ist …
- Eine große Chance, die ich für uns sehe, ist …
- Wenn wir nichts tun, ist das Schlimmste, was uns passieren kann, …
- Ein mutiges Gespräch, das wir nicht führen, ist …
- Eine Maßnahme oder Praxis, die uns weiterbringt, ist …
- Ein Projekt, das mir die Zuversicht gibt, dass wir uns verändern, ist …
- Etwas, das wir erforschen müssen, ist …
- Eine kühne Idee, die ich empfehle, ist …
- Eine Frage, die sich für mich stellt, ist …
- Wenn alles gesagt und getan ist, möchte ich …
- Etwas, das ich zu tun gedenke, ist …
Weitere Sätze zur Inspiration findest du hier.
Marc und ich nutzen diese Übung am Ende des ersten Tages in unserem „Professional Scrum Master – Advanced“-Training. Damit beschließen wir den ersten Trainingstag mit viel Energie.
Und wie ich es dir versprochen habe, werden alle Teilnehmer dafür vom Stuhl aufstehen. Zum einen, weil die Übungen es erfordern. Zum anderen werden auch Teilnehmer aufstehen, die von sich behaupten, keine Energizer zu mögen – denn keine dieser Übungen ist auf den ersten Blick ein klassischer Energizer. Es sind einfach nur Übungen, die Reflexion ermöglichen und gleichzeitig sehr energiegeladen sind.
Viel Spaß beim Ausprobieren!