Interaktives Lernen: 5 Methoden, mit denen du jeden Teilnehmer in deine Schulung einbindest – ohne deine Folien anzupassen
Es gibt zwei Arten von Trainern:
- Der Trainer liest ein vorgegebenes Skript ab.
- Er verwendet Folien als einziges Medium.
- Teilnehmer können sich nur mit Wortmeldungen beteiligen.
Oder:
- Der Trainer spricht weniger, sondern gestaltet das Umfeld zum Lernen.
- Er nutzt Techniken und Methoden, die wissenschaftlich fundiertes Lernen ermöglichen.
- Die Lernenden unterrichten sich gegenseitig.
Ich glaube, die erste Art hat keine Zukunft mehr.
Sie verkörpert Unterricht oder Schulungen aus einer Zeit, in der Bücher rar waren und Wissen nicht für jeden zugänglich. Vorlesungen oder Trainings dienten primär dem Weg, Wissen zu verteilen. Diese Art stellt „Training from the Front of the Room“ – oder Frontalunterricht – dar.
Den Gegensatz dazu bezeichnen wir als „Training from the Back of the Room“.
Die Lernumgebung wird nicht mehr vom Trainer dominiert, sondern von den Lernenden. Warum glaube ich, dass das die Zukunft von Schulungen ist? Du hast bestimmt auch schon die Erfahrung gemacht: Wenn du ein Thema mit eigenen Worten formulierst oder dich mit anderen darüber austauschst, kannst du es dir viel länger merken. Du erkennst, was du wirklich auswendig weißt. Du merkst, was du erklären kannst, sodass es andere auch verstehen. Du merkst, wo du noch Lücken hast, wenn andere mehr dazu wissen wollen. Damit bist du nicht allein. Es ist wissenschaftlich belegt:
Wer am meisten im Unterricht spricht, lernt auch am meisten.
Stimmst du mir zu? Willst du wissen, wie du deine Schulungen von „Front of the Room“ zu „Back of the Room“ ändern kannst? Dann zeige ich dir jetzt 5 Methoden, mit denen du beginnen kannst. Und das Beste zum Schluss: Für diese 5 Methoden musst du nicht einmal deine Folien anpassen.
Los geht’s:
Methode #1: Think-Pair-Share
Was ist Think-Pair-Share?
Think-Pair-Share ist der einfachste, schnellste und sicherste Weg, Teilnehmer in deine Schulung einzubeziehen. Sicher in dem Sinne, dass niemand gezwungen wird, vor der ganzen Gruppe zu sprechen.
Think-Pair-Share besteht aus drei Schritten:
- Jeder Teilnehmer denkt für eine bis zwei Minuten über das Thema nach.
- Dann dreht er sich zur benachbarten Person.
- Und nun tauscht er seine Gedanken mit der anderen Person aus. Dieser Schritt dauert etwa drei bis vier Minuten.
Der Einsatz von Think-Pair-Share ist dabei fast grenzenlos.
Ich nutze es, damit Teilnehmer die Informationen wiederholen können. Damit sie überlegen können, was sie bereits zum Thema wissen. Oder damit sie nur ihren Nachbarn etwas näher kennenlernen können.
Ein Beispiel:
Wenn Teilnehmer mein „Training from the Back of the Room“-Training besuchen und den Raum betreten, finden sie folgende Einladung auf der Folie am Beamer:
„Herzlich willkommen im Training. Suche dir einen Platz aus. Dann stelle dich deinem Sitznachbarn vor und erzähle ihm, was du bereits darüber weißt, wie Menschen am besten lernen.“
Wie kannst du die Teilnehmer weiter einbeziehen?
Methode #2: Mit den Füßen abstimmen
Think-Pair-Share ist ein guter Anfang.
Damit bringst du die Teilnehmer dazu, miteinander zu sprechen. Allerdings müssen sie sich dabei nicht bewegen. Aber Bewegung ist im Training wichtig. Bewegung fördert die Sauerstoffaufnahme im Körper. Je mehr Sauerstoff unser Gehirn bekommt, desto besser können wir denken. Eigentlich logisch. Aber leider wird dies in vielen Trainings sträflich vernachlässigt.
Du kannst das ändern, indem du die Teilnehmer mit den Füßen abstimmen lässt.
Ein Beispiel:
Am Ende des „Training from the Back of the Room“-Trainings bitte ich die Teilnehmer, ihren Lernfortschritt zu bewerten. Sie haben drei Möglichkeiten.
- Links im Raum: keine Fragen offen. Ich bin bereit, das Gelernte anzuwenden.
- In der Mitte des Raums: Einige Fragen sind noch offen. Aber ich weiß, wie ich eine Antwort darauf finden kann, und dann steht der Umsetzung nichts mehr im Weg.
- Rechts im Raum: Ich habe noch offene Fragen. Diese müssen noch geklärt werden. Erst dann kann ich das Gelernte in meinem Alltag anwenden.
Kleiner Tipp: Die Aufstellung lässt sich gut mit einem Think-Pair-Share kombinieren. Der „Think“-Teil ist dabei die Aufstellung.
Mit den Füßen abzustimmen, ermöglicht Bewegung und zusätzlich den Austausch von unterschiedlichen Personen im Training.
Du kannst auch noch eine spielerische Komponente hinzufügen:
Methode #3: „Mythen oder Tatsachen“-Quiz
Die Teilnehmer lieben es.
Glaub mir. Ich nutze „Mythen oder Tatsachen“-Quizzes wirklich in jedem Training. Du kannst es dafür nutzen, das Vorwissen zu wiederholen. Themen, die gerade besprochen wurden, kannst du ebenfalls testen. Oder du nutzt es einfach nur, um Folien interaktiver zu gestalten.
Wähle einige Themen aus, die du abprüfen willst. Formuliere jedes Thema wie eine Aussage, die entweder wahr oder falsch ist.
Ein Beispiel aus dem „Professional Scrum Master – Advanced“-Training:
„Die Definition of Ready ist verpflichtend in Scrum.“
Du kannst dazu Folien erstellen oder Karten aus Papier drucken oder die Aussagen einfach nur vorlesen.
Kleiner Tipp: Du kannst das Quiz mit der Methode „ mit Füßen abstimmen“ kombinieren. Wenn die Teilnehmer glauben, es handele sich um eine Tatsache, sollen sie auf die linke Seite des Raums gehen. Sonst auf die rechte.
Mit den letzten drei Methoden kannst du deine Schulung interaktiver gestalten, ohne dass du viel verändern musst. Baue einfach in regelmäßigen Abständen eine der drei Methoden ein.
Willst du als Trainer noch weiter in den Hintergrund treten? Dann habe ich noch zwei weitere Methoden für dich:
Methode #4: Teach Back
„Wir beherrschen, was wir lehren.“
Unter uns: Das ist auch der Grund, warum Trainer ihr Thema so gut beherrschen. Sie erzählen es immer und immer wieder. Der wissenschaftliche Fachbegriff dafür heißt „Spaced Repetition“. Aber sollten nicht die Lernenden die Themen immer und immer wiederholen? Geht es nicht darum, dass sie lernen? Und das ist wieder ein Unterschied zwischen „Training from the Back of the Room“ und „Training from the Front of the Room“. Die Teilnehmer sollten immer und immer wieder den Inhalt wiederholen, nicht der Trainer.
Wie kann das gelingen?
Eine Möglichkeit sind „Teach Backs“. Dazu schlüpft ein Teilnehmer in die Rolle des Trainers und unterrichtet die restlichen Teilnehmer in der Gruppe.
Ein Beispiel:
Im „Training from the Back of the Room“-Training lernen die Teilnehmer mehrere Modelle, wie ihr Gehirn funktioniert. Nachdem wir ein Modell kennengelernt haben, bitte ich die Teilnehmer in Paaren zusammenzugehen. Und sich dann gegenseitig das Modell beizubringen.
Natürlich sind „Teach Backs“ nicht nur auf Paare beschränkt. Sie lassen sich auch einfach für kleine Gruppen nutzen. Etwa in Verbindung mit Stationen-Arbeit.
Methode #5: Gallery Walk
Was verbirgt sich hinter einem „Gallery Walk“?
Wie in einem Museum gehen die Teilnehmer von einem Ausstellungsstück zum nächsten. Die Ausstellungsstücke im Training können vorgefertigte Plakate mit Lerninhalten sein.

Hier die Schritte für die „Gallery Walk“-Methode nochmal im Detail:
- Erstelle für jeden Themenbereich, der betrachtet werden soll, ein Poster oder Flipchart.
- Befestige die Poster an der Wand.
- Lade die Teilnehmer ein, von Poster zu Poster zu gehen und sich die Informationen durchzulesen.
Drei Tipps zum „Gallery Walk“:
- Lade die Teilnehmer ein, in Paaren den „Gallery Walk“ zu unternehmen und sich gegenseitig ihre Erkenntnisse mitzuteilen.
- Formuliere Fragen auf jedem Poster und bitte die Teilnehmer, diese auf Notizzetteln zu beantworten.
- Nutze die Informationen auf den Postern für einen anschließenden „Teach Back“.
Zum Abschluss noch ein Beispiel:
Im „Professional Scrum Product Owner – Advanced“-Training nutze ich einen Gallery Walk, um unterschiedliche Roadmaps vorzustellen.
In Paaren gehen die Teilnehmer dabei von einem Roadmap-Plakat zum nächsten und beantworten diese Fragen:
- In welcher Situation kann diese Roadmap eingesetzt werden?
- Zur Kommunikation mit welchen Stakeholdern eignet sich diese Roadmap besonders?
Die Antworten formulieren sie auf Post-its und kleben sie zu den Roadmaps, damit das nächste Paar sie lesen kann.
Jetzt kennst du 5 einfache Methoden, wie du als Trainer mehr in den Hintergrund treten kannst und damit die Teilnehmer in den Vordergrund rückst. Dadurch machst du nachhaltiges Lernen erst möglich. Denn vergiss nicht:
Wer am meisten spricht, lernt am meisten.
Ankündigung:
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