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Hinter den Kulissen: So entwerfe ich Workshops – die 3 Schritte, die du nicht ignorieren solltest

December 5, 2024

Hast du Lust, hinter die Kulissen zu blicken und zu erfahren, wie ich Workshops entwerfe?

Dann komm mit!

Colenet ist zu 100 % remote. Colenet ist der Name des Unternehmens, für das ich arbeite. Remote bedeutet: keine Büros, keine gemeinsamen Büroräume und keine Kantine. Deshalb treffen wir uns viermal im Jahr in München zum Colenet-Tag. Klingt nach einem Eldorado für Facilitatoren: viermal im Jahr können wir Workshops für 30 Menschen durchführen.

Dieses Mal wollte ich etwas Neues ausprobieren.

Zum einen wollte ich den Tag mit meiner Kollegin Alexandra moderieren, zum anderen wollte ich „Strategy-Knotworking“ in unserem Firmenkontext nutzen. Das Gute an der Ko-Facilitation? Ich hatte die Gelegenheit, innezuhalten und zu überlegen, warum ich Dinge so mache, wie ich sie mache. Und dann dachte ich mir:

Warum diese Reflexion nicht mit anderen Facilitatoren teilen?

Lust? Dann lass uns loslegen:

Beim Entwurf eines Workshops gehe ich in drei Schritten vor:

  • Zweck des Workshops klären
  • Workshop entwerfen
  • Entwurf des Workshops durch Testen verbessern

Lass mich dir die Schritte im Detail erläutern:

Schritt 1: Zweck des Workshops klären

Workshops sollten niemals zum Selbstzweck existieren.

Deshalb habe ich mir die Frage gestellt: Warum existiert der Workshop eigentlich? Als Facilitator eines Workshops ist bei der Beantwortung dieser Frage Vorsicht geboten. Wie ich die Frage beantworte, muss nicht die Wirklichkeit widerspiegeln. Deshalb mache ich vor jedem Workshop eine Auftragsklärung.

Für einen Workshop im eigenen Unternehmen ist das sehr einfach. Ich habe Michael, einen der beiden Gründer von Colenet, gefragt, was er sich dabei gedacht hat, als er den Colenet-Tag ins Leben gerufen hat. Seine Antwort liefert mir den Rahmen für den Workshop:

„Der Colenet-Tag existiert, um sich auszutauschen, gemeinsam zu lernen und Erfolge zu feiern.“

Daraufhin wähle ich den Purpose des Workshops:

„Gemeinsam die Unternehmensstrategie entknoten und den Blick für das Mögliche schärfen.“

Warum spreche ich hier vom Purpose des Workshops?

Purpose ist ein Fachbegriff aus der Welt der Liberating-Structures. Daniel Steinhöfer, Autor des Buchs „Liberating Structures: Entscheidungsfindung revolutionieren“, beschreibt es treffend:

„[Purpose] setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: aus dem Zweck – dem Was – und dem Sinn – dem Warum.“

Somit beschreibt der Purpose mehr als nur den Zweck.

Wie können wir nun gemeinsam die Unternehmensstrategie entknoten und den Blick für das Mögliche schärfen?

Dazu wollte ich Strategy-Knotworking nutzen.

Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift, Kreis enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Beim Strategy-Knotworking geht es darum, eine Strategie so zu entwickeln, dass alle einbezogen werden, jeder sie umsetzen will und wir flexibel genug bleiben, um auf neue Situationen reagieren zu können. Ein guter Startpunkt, damit sich eine Gruppe ihrer gemeinsamen Strategie nähert, ist die gemeinsame Beantwortung der folgenden sechs Fragen.

  • Welchem Purpose dient unsere Arbeit?
  • Wo befinden wir uns gerade?
  • Was passiert um uns herum, das kreative Veränderungen notwendig macht?
  • Welchen Unsicherheiten müssen wir uns stellen, um voranschreiten zu können?
  • Was können wir noch erreichen, wenn wir unserem Purpose folgen?
  • Worauf konzentrieren wir uns?

Diese Fragen lassen sich initial gut in einem Workshop ergründen, bevor sie dann in der täglichen Arbeit weiter vertieft werden.

Und diesen Workshop wollte ich am Colenet-Tag durchführen. Passt er zum Zweck des Tages?

  • Lernen wir etwas Neues? Mir ist niemand im Unternehmen bekannt, der Strategy-Knotworking bereits kennt.
  • Besteht die Möglichkeit, sich auszutauschen? Die Beantwortung jeder Frage erfolgt durch die Nutzung von Liberating-Structures und bietet somit viele Möglichkeiten zum Austausch.
  • Können Erfolge gefeiert werden? Da wir betrachten, was wir bereits erreicht haben, können wir dies auch gut feiern.

Nachdem der Purpose für den Tag gefunden ist, geht es an die Detailplanung:

Schritt 2: Workshop entwerfen

Beim Entwerfen eines Workshops stelle ich mir zuerst die Frage:

Wie lange dürfen die einzelnen Punkte auf der Agenda dauern?

Die sechs Fragen von „Strategy-Knotworking“ vereinfachen die Planung sehr. Zusammen mit „Willkommen“ und „Reflexion“ bilden sie die acht Punkte auf der Tagesagenda. Diese Übersicht habe ich in Blau und Grau dargestellt:

Dann geht es an die Details.

Hierzu stelle ich mir für jeden Punkt auf der Agenda diese grundlegenden Fragen:

  • Was soll erreicht werden?
  • Wie kann ich dabei alle beteiligen?
  • Wie lange ist dafür Zeit?
  • Wie sollten die Ergebnisse festgehalten werden?
  • Welches Material ist dazu nötig?

Gehen wir diese Fragen am Beispiel des „Willkommensabschnitts“ durch:

  • Was soll erreicht werden? Die Menschen kommen an und stimmen sich auf das ein, was kommt.
  • Wie kann ich dabei alle beteiligen? Impromptu-Networking ermöglicht, dass schnell Verbindungen eingegangen werden können.
  • Wie lange ist dafür Zeit? Etwa 30 Minuten. Davon etwa 15 Minuten spontanes Netzwerken und dann ein kurzer Ausblick auf den Tag.
  • Wie sollten die Ergebnisse festgehalten werden? Nur mündlich.
  • Welches Material ist dazu nötig? Flipchart mit der Agenda zum „Strategy-Knotworking“.

Mit diesen grundlegenden Fragen gestalte ich dann jeden Abschnitt der Agenda. Und jede Antwort auf eine Frage bekommt eine entsprechende Farbe in der Übersicht.

Wenn du dich jetzt fragst:

Warum sind diese grundlegenden Fragen wichtig?

Diese Fragen helfen mir, für jeden Abschnitt oder jede Liberating-Structure eine Einladung zu formulieren. Ich glaube, die Formulierung einer guten Einladung ist die Herausforderung und zugleich die Aufgabe eines Facilitators.

Ein Beispiel für die Einladung zum ersten Abschnitt:

„Geht bitte in einem Moment zu zweit zusammen. Im Paar angekommen, tauscht euch für 5 Minuten zur Frage aus:

Was hat diese Woche in der Arbeit besonders gut geklappt? Worauf bist du (vielleicht sogar) stolz?

Dabei müsst ihr nichts aufschreiben oder festhalten. Los geht’s.“

Wie du siehst, beantwortet die Einladung die grundlegenden Fragen von oben.

Einige weitere Bemerkungen zur Einladung:

  • Ich beginne den Satz mit: „in einem Moment“. Das signalisiert, dass weitere Anweisungen folgen.
  • Die Frage zum Austausch sollte auf den Purpose ausgerichtet sein und gleichzeitig so offen gestellt werden, dass jeder etwas dazu beitragen kann.
  • Ich füge absichtlich erst mal keine weiteren Hilfestellungen hinzu. Fragen wie: „Was passiert bei ungerader Anzahl der Teilnehmer?“, klären sich meist von allein.

Nachdem ich den Workshop so entworfen habe, teste ich den Entwurf:

Schritt 3: Entwurf des Workshops testen und verbessern

In den letzten 10 Jahren habe ich viele Workshops durchgeführt.

Wie du dir vorstellen kannst, ging am Anfang sehr viel schief. Damit ich die Fehler nicht ständig wiederhole, habe ich zwei Tests entwickelt, mit denen ich den Workshop-Entwurf prüfe.

Beginnen wir mit dem ersten:

Konsistenz-Test: Hilft jeder Schritt, dem Purpose näherzukommen, und ist er notwendig?

Mir ist wichtig, dass der Workshop inhaltlich konsistent ist.

Jede Einladung, jede Aktivität und jeder Schritt soll uns dem Ziel des Workshops oder dem Purpose näherbringen.

Im obigen Workshop bin ich deshalb Einladung für Einladung durchgegangen und habe mich versichert, dass sie uns dem Purpose näherbringt. Idealerweise erzählen alle Einladungen zusammen eine minimale, aber zusammenhängende Geschichte.

Am Beispiel der Liberating-Structure „9 Whys“ im Workshop erklärt:

Der Zweck dieses Abschnitts ist:

„Welchem Purpose dient unsere Arbeit bei Colenet?“

Die Einladungen beginnen dann so:

  • „Womit verbringst du deine Arbeitszeit? Erstelle eine Liste von Tätigkeiten.“
  • „Warum ist dir diese Tätigkeit wichtig?“
  • „Nutze die Erkenntnisse aus dem Interview und fülle nun diese Schablone aus.“
  • „Schärfe deinen Purpose gerne nach der Diskussion in der Gruppe. Dann schreibe ihn auf.“

(Ich habe mich hier auf den Kern der Einladungen beschränkt, damit es leichter zu lesen ist.)

Durch diese Auflistung kann ich dann einfach testen, ob jede Einladung uns dem Purpose des Abschnitts näherbringt. Dies mache ich nicht nur mit den Einladungen, sondern auch mit den Artefakten. Artefakte sind für mich das Festhalten der Ergebnisse, die im Workshop erstellt werden: etwa Flipcharts, persönliche Notizen oder Sticky Notes. Auch diese sollen eine konsistente Geschichte erzählen und uns zum Purpose führen.

Dabei stelle ich mir die kritische Frage: Erreichen wir auch den Purpose, wenn ich diese Einladung, dieses Artefakt oder diese Aktivität weglasse? Häufig verirren sich Aktivitäten in meine Workshops, die nicht notwendig sind. Allerdings kosten auch diese Aktivitäten Energie.

Was uns zum zweiten Test bringt:

Energie-Test: Wie ist die Energie im Raum?

Als Facilitator bin ich für die Energie der Teilnehmer verantwortlich.

Gute Workshops leben davon, dass sie energiegeladen sind, aber auch Pausen zur Reflexion bieten. Das Auf und Ab der Energie bei den Teilnehmern gleicht einer Achterbahnfahrt.

Es gibt zwei Arten von Aktivitäten in Workshops:

Die eine Art erfüllt den Raum mit Energie. Dazu gehören:

  • Stehen
  • Gehen
  • Lachen
  • Reden
  • Präsentieren
  • Visualisieren
  • Notizen auf Post-its machen
  • Auf Flipcharts schreiben
  • Notizen ordnen und sortieren
  • High-Five
  • Kaffee
  • usw.

Die andere Art entzieht der Gruppe Energie.

Dazu gehören:

  • Zuhören
  • Präsentationen folgen
  • Videos ansehen
  • Persönliche Notizen machen
  • Lesen
  • Sitzen
  • Liegen
  • Warmes Essen
  • Kritisieren
  • usw.

Als Facilitator wollen wir Workshops vermeiden, die der Gruppe viel Energie entziehen. Die Teilnehmer schlafen sprichwörtlich ein. Ist der Workshop allerdings zu energiegeladen, droht der Workshop-Burnout. Es muss eine Balance herrschen.

Wie können wir die Energie managen?

Das ist im Workshop direkt möglich. Du kannst spontan einen Energizer einbauen. Besser ist es natürlich, sich vorab schon Gedanken zu machen.

Deshalb gehe ich meine Workshops Schritt für Schritt durch und überprüfe die Energiebilanz:

Hier das Beispiel von oben:

  • Liste von Tätigkeiten erstellen: passiert im Sitzen im persönlichen Notizbuch. Energiebilanz: eher negativ.
  • Interview „Warum ist dir diese Tätigkeit wichtig?“: passiert im Sitzen. Zuhören und Reden wechseln sich ab. Energiebilanz: eher negativ.

Der Test zeigt mir, dass im nächsten Schritt „Energie“ nötig ist. Deshalb sollte die nächste Aktivität unbedingt im Stehen stattfinden. Alternativen wären, eine Pause zu machen, einen Energizer zu nutzen oder etwas zu tun, was den Menschen im Raum eher Energie gibt.

Mit dem Konsistenz- und Energie-Test versuche ich, den Entwurf des Workshops noch zu überarbeiten und zu verbessern.


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