Heute möchte ich dir helfen, deine Onlineschulungen zu verbessern.
Da mich in letzter Zeit viele Fragen erreichen, wie sich Onlinetrainings und Workshops einfach verbessern lassen, dachte ich, ich formuliere meine Antworten als 5 Tipps, die jeder anwenden kann.
Diese Tipps stammen aus meiner Erfahrung nach 4 Jahren Onlineschulungen. Bereit?
Dann lass uns loslegen:
Tipp #1: Wärme die Teilnehmer auf
Was kommt dir in den Kopf, wenn du „aufwärmen“ liest?
Du hast bestimmt an Sport gedacht. Sportler wärmen sich vor dem Training auf. Ein aufgewärmter Körper ist leistungsfähiger und weniger verletzungsanfällig. Gleiches gilt für unser Gehirn. Deshalb gebe ich den Teilnehmern meiner Schulung vor dem Training die Möglichkeit, sich auf das Training vorzubereiten.
Wie kann das aussehen?
Für die meisten Trainings bereite ich ein virtuelles Klassenzimmer vor. Dort finden die Teilnehmer Unterlagen, Zusammenfassungen, Videos und Übungsprüfungen, um sich auf das Training vorzubereiten. Dadurch können sie sich aufwärmen und sind dann bereit, wenn die Schulung beginnt.
Natürlich gilt dies nicht nur für Onlinetrainings.
Aber dort besonders. Onlinetrainings beginnen häufig abrupt. Man klickt den Link in der Einladung an und los geht es. Es gibt keinen Weg zur Schulung, keine persönliche Begrüßung, Begegnung auf dem Flur oder Ähnliches.
Deshalb sind Informationen zum Aufwärmen dort besonders hilfreich.
Tipp #2: Beginne mit einem Schnellstart
Die Chancen stehen gut, dass dein letztes Training auf diese Art begonnen hat:
- Vorstellungsrunde der Teilnehmer
- Vorstellung des Trainers
- Ausführliche Erklärung der Agenda
Aus meiner Sicht verschwenden Trainer damit wertvolle Lernzeit. Mehr noch: Sie sorgen schnell dafür, dass sich nicht jeder wohlfühlt. Die Vorstellung des Trainers oder die Erklärung der Agenda kann schnell ausufern und damit langweilig werden. Und sich vor einer Gruppe Unbekannter vorzustellen, ruft schnell ein unangenehmes Gefühl hervor. Nicht jeder steht gerne im Rampenlicht.
Verschiebe diese Aktivitäten deshalb auf später.
Beginne stattdessen mit einem Schnellstart. Schnellstart bedeutet: Wir kommen ohne Umschweife zum Inhalt. Wie kann das aussehen?
Im Onlineformat nutze ich Break-out-Sessions dafür. Wenn die Teilnehmer zu Beginn meiner Trainings Zoom betreten, dann begrüße ich sie und schicke sie paarweise in einen Break-out-Raum. Dort haben sie etwa 10 Minuten Zeit, sich kennenzulernen und eine erste Aufgabe zu lösen. Im „Professional Scrum Master“-Training bitte ich sie etwa zu erklären, was Scrum ist und welche Aufgabe ein Scrum Master hat. Die Diskussion findet dabei nur in Paaren statt.
So muss auch niemand im Rampenlicht stehen.
Die Vorstellung der Agenda und des Trainers erfolgen später. Damit verschwende ich keine wertvolle Lernzeit. Studien haben nämlich gezeigt, dass wir zu Beginn einer Schulung am aufnahmefähigsten sind. Das Phänomen ist als Primäreffekt bekannt.
Im Scrum-Training will ich ja nicht, dass die Agenda im Gedächtnis bleibt, sondern die Aufgabe des Scrum Masters.
Tipp #3: Halte dich an die Zehn-Minuten-Regel
Onlineschulungen haben etwas Wichtiges aufgedeckt:
Trainer reden viel zu viel. Natürlich kann ich jetzt nicht von allen Trainern sprechen, aber ich kann sicherlich von mir sprechen. Ich habe früher viel zu viel gesprochen in Trainings.
Das erste Mal wurde mir das bewusst, als ich meine Sprechzeit in einer Schulung gemessen habe. Was glaubst du, wie viel betrug mein Redeanteil? 40 % oder gar 50 %?
Weder noch. Er betrug über 80 %. Erschreckend, oder?
Habe ich mir auch gedacht. Aber warum ist das so ein großes Problem? Ganz einfach: Wer spricht, der lernt. Und Ziel für den Trainer sollte es sein, dass die Teilnehmer etwas lernen, nicht der Trainer selbst. Und deshalb muss ich ihnen ermöglichen, mehr zu sprechen. Wie kann das gelingen?
Ich nutze hierfür die Zehn-Minuten-Regel.
Die Wissenschaft streitet noch darüber, ob es 10 Minuten oder 15 Minuten sind. Aber Fakt ist: Unser Gehirn schaltet beim Zuhören schnell ab. Erzählen wir als Trainer länger als 10 Minuten am Stück etwas, riskieren wir, dass die Teilnehmer abschweifen und nicht mehr zuhören. Dafür können sie nichts. Ihre Gehirne wollen sich schützen und Energie sparen und schalten ab. Deshalb unterbreche ich spätestens nach 10 Minuten meine Erklärung.
Hierfür drei Beispiele:
- Ich lasse die Teilnehmer das Gehörte in Break-out-Sessions diskutieren.
- Ich stelle eine Frage und spreche erst weiter, wenn sie von mindestens drei Personen beantwortet wurde.
- Ich bitte die Teilnehmer, sich Notizen zum Gehörten zu machen.
Das führt uns direkt zum nächsten Tipp:
Tipp #4: Nutze einen grafischen Organisator
Möchtest du, dass die Teilnehmer wirklich lernen?
Dann verzichte darauf, zu schreiben. Das ist jetzt sehr kontrovers. Ich weiß. Ich selbst beneide auch Trainer, die in Schulungen die Inhalte so ansprechend auf ihrem iPad visualisieren, während sie erklären. Dabei gibt es nur ein Problem. Du hast es bestimmt schon erraten. Diesmal lautet es nicht: Wer spricht, der lernt. Sondern:
Wer schreibt, der lernt.
Du kennst das bestimmt selbst. Wenn du etwas aufschreibst, dann bist du sehr konzentriert. Andere Aktivitäten sind neben dem Schreiben fast nicht mehr möglich. Was bedeutet das im Umkehrschluss fürs Lernen? Da Schreiben unsere ganze Aufmerksamkeit benötigt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns das Geschriebene länger merken können. Deshalb frage ich dich: Wer sollte im Training schreiben? Der Trainer oder die Teilnehmer?
Diese Frage solltest du für dich als Trainer ehrlich beantworten.
Sagst du: Die Teilnehmer sollen mehr schreiben, damit sie mehr lernen? Dann habe ich einen Tipp für dich. Ich nutze dazu einen grafischen Organisator. Klingt sehr abgehoben, aber die Idee ist ganz einfach. Ich gebe ihnen ein Blatt, das sie mit ihren Erkenntnissen ausfüllen sollen.
Hier ein Beispiel aus meinem „Professional Scrum Master“-Training.
Bevor ich das Scrum-Rahmenwerk erkläre, bitte ich die Teilnehmer, ein leeres Blatt zur Hand zu nehmen und dieses Blatt in eine Tabelle zu unterteilen. In den Zeilen stehen die einzelnen Scrum-Events und in den Spalten sollen sie folgende Fragen notieren:
- Wer muss daran teilnehmen?
- Was ist die Timebox für einen 4-wöchigen Sprint?
- Was wird überprüft?
- Was wird angepasst?
Zur Beantwortung der Fragen haben die Teilnehmer dann den ganzen Nachmittag Zeit und sie werden alle Antworten in den folgenden Übungen erhalten. Am Ende des Tages decke ich meine Lösung auf und wir diskutieren gemeinsam etwaige Unterschiede.
Das grafische Organisieren von Informationen nenne ich hierbei einen grafischen Organisator.
Und damit sind wir schon beim abschließenden Tipp für heute:
Tipp #5: Beende jedes Training mit einem „Follow-up“
Wieder zurück zum Sport.
Wie beenden Sportler ihre Trainingseinheit? Mit einer Abkühlungsphase. Leichtes Auslaufen und Dehnen sollen dem Körper eine schnellere Regeneration ermöglichen. Wie sieht der Cool-down bei einer Onlineschulung aus? Das Ende jedes Trainings umfasst bei mir zwei Elemente:
- Eine Reflexion, was die Teilnehmer gelernt haben
- Möglichkeiten, um die Themen noch weiter zu vertiefen
Betrachten wir die Elemente im Detail:
Meine bevorzugte Reflexion sind die vier Ebenen des Lernens. Dafür stelle ich vier Fragen, die die Teilnehmer nacheinander beantworten. Sie lauten:
- Emotionen: Wie fühle ich mich bei dem, was ich gelernt habe?
- Wissen: Was habe ich Neues gelernt, das meine Arbeit verbessert?
- Verhalten: Wie wird sich mein Verhalten bei der Arbeit durch das Gelernte ändern?
- Return on Investment: Wie profitiert mein Unternehmen von dem Gelernten?
Als Möglichkeiten, um die Themen der Schulung weiter zu vertiefen, biete ich Bücher, Artikel und Videos an.
Das waren die Tipps für heute.
Suchst du nach weiteren Tipps oder einer gezielten Anleitung, wie du deine Onlineworkshops und
-schulungen verbessern kannst?
Dann besuche mein nächstes „Training from the Back of the Room“-Training.