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5 Fragen: So triffst du als agile Führungskraft bessere Entscheidungen (speziell für Scrum Master, die ihren nächsten Karriereschritt gehen wollen)

October 28, 2024

Was unterscheidet eine Führungskraft von einem Scrum Master?

Entscheidungen zu treffen.

Scrum Master sind es gewohnt, Entscheidungen herbeizuführen, allerdings nicht unbedingt, selbst Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen zu tragen.

Einige Beispiele für Entscheidungen, die Führungskräfte treffen müssen:

  • Welcher Bewerber ist die richtige Ergänzung für das Unternehmen?
  • Wie hoch soll die Gehaltserhöhung ausfallen?
  • Wie sehen Urlaubsregelungen für Mitarbeiter aus?
  • Wie soll die Performance der Mitarbeiter gemessen werden?
  • Wo soll die Weihnachtsfeier stattfinden?

Scrum Master haben viele Karrieremöglichkeiten: Agile Coach, Agiler Berater oder Scrum Trainer. Diese Karrierepfade habe ich hier ausführlich beschrieben. Ist dein nächstes Karriereziel allerdings die disziplinarische Führungskraft? Dann verbessere deine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Diese wird dir auf deinem Karrierepfad helfen.

Bereit? Hier findest du 5 Fragen, die dir dabei helfen. Stelle sie dir vor jeder Entscheidung, um die Situation besser zu verstehen.

Los geht’s mit der ersten Frage.

Frage #1: Wer trifft die Entscheidung?

Diese Frage klingt auf den ersten Blick einfach.

Die Führungskraft oder der Mitarbeiter. Allerdings übersehen wir dabei oft etwas: Es gibt noch viele Stufen dazwischen. Diese Stufen stammen von Jurgen Appelo aus seinem Buch „Management 3.0“. Er nennt sie die 7 Delegationslevel.

Hier die Stufen im Überblick:

  1. Verkünden: Als Führungskraft verkündest du den Mitarbeitern lediglich die Entscheidung.
  2. Verkaufen: Als Führungskraft verkündest du immer noch die Entscheidung. Du erklärst jedoch, warum du so entschieden hast. Zudem zeigst du auf, welche Vorteile dieser Entschluss für die Mitarbeiter bringt.
  3. Befragen: Als Führungskraft erkundigst du dich erst, was deine Mitarbeiter über die Situation denken und wie sie entscheiden würden. Am Ende obliegt die Entscheidung aber dir.
  4. Einigen: Als Führungskraft diskutierst du die Situation mit deinen Mitarbeitern und ihr entscheidet gemeinsam.
  5. Beraten: Als Führungskraft gibst du Ratschläge, wie du entscheiden würdest. Die endgültige Entscheidung zu treffen, obliegt jedoch den Mitarbeitern.
  6. Erkundigen: Als Führungskraft erkundigst du dich lediglich bei den Mitarbeitern über die Entscheidung, nachdem sie diese eigenständig getroffen haben.
  7. Delegieren: Du vertraust darauf, dass die Mitarbeiter die beste Entscheidung treffen werden.

Wie du siehst, gibt es noch einige Stufen zwischen „du entscheidest“ und „deine Mitarbeiter entscheiden“. Bei der nächsten Entscheidung frage dich deshalb:

Wer soll die Entscheidung treffen?

Wenn du diese Frage beantwortet hast, kommen wir zur Art und Weise, wie entschieden werden soll.

Frage #2: Wie soll die Entscheidung getroffen werden?

Delegierst du eine Entscheidung ins Team oder einigst du dich mit deinem Team, dann bleibt die Frage:

Wie soll die Einigung erzielt werden?

Hierfür gibt es vier unterschiedliche Regeln. Lass sie uns durchgehen:

  • Einzelentscheidung: Sie ist häufig die schnellste Form der Entscheidung. Eine Person entscheidet für die Gruppe.
  • Konsensentscheidung: Erst wenn alle Mitglieder im Team zustimmen, ist die Entscheidung getroffen.
  • Mehrheitsentscheidung: Der Mittelweg zwischen Einzel- und Konsensentscheidung. Hierfür müssen mehr als 51 % zustimmen, dann ist es entschieden.
  • Konsententscheidung: Der Prozess der Konsententscheidung ist radikal anders: Es müssen nicht mehr alle oder ein Teil des Scrum Teams zustimmen. Beim Konsent gilt eine Entscheidung als beschlossen, wenn es keinen Einwand mehr gibt.

Wie du siehst, kann „im Team einigen“ auf viele Arten geschehen.

Stelle dir also die Frage:

Wie soll die Entscheidung getroffen werden?

Wenn du sie beantwortet hast, vergiss nicht, dem Team deinen Entschluss mitzuteilen, bevor die Entscheidung getroffen wird.

Frage #3: Wann muss die Entscheidung getroffen werden?

Neben „Wer entscheidet?“ und „Wie soll entschieden werden?“ gibt es einen Aspekt, der häufig vergessen wird:

Stell dir vor einer Entscheidung unbedingt die Frage:

Wann muss die Entscheidung getroffen werden?

Nicht jede Entscheidung muss sofort getroffen werden. Manchmal kannst du dir auch mit der Entscheidung Zeit lassen. Aber es gibt auch Entscheidungen, da solltest du keine Minute länger warten. Wann ist also der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidung?

Hierfür gibt es ein gutes Vorgehen. Es geht auf Jeff Bezos zurück. Er erklärt es mit dieser Metapher: Einige Entscheidungen sind wie Türen. Sie können in beide Richtungen geöffnet werden. Diese Entscheidungen sind leichter rückgängig zu machen. Im Gegensatz dazu gibt es „One-Way-Door“-Entscheidungen, die, sobald sie getroffen sind, nicht leicht rückgängig gemacht werden können. Daraus lässt sich die Handlungsempfehlung ableiten:

  • Handelt es sich bei der Entscheidung um eine Two-Way-Door“-„Entscheidung? Dann entscheide sofort.
  • Handelt es sich hingegen um eine One-Way-Door“-Entscheidung? Dann solltest du dir für die Entscheidung Zeit lassen und sorgfältig abwägen.

Wenn du deine Entscheidung getroffen hast, wie verkündest du sie?

Frage #4: Wie wird die Entscheidung begründet?

Es gibt viele Möglichkeiten, Entscheidungen zu verkünden.

Ein bewährter Ansatz, den du vielleicht aus dem Film „8 Mile“ kennst:

Rabbit blamiert sich bei seinem ersten Auftritt. Er bringt kein Wort auf der Bühne heraus. Beim nächsten Mal macht er es allerdings besser. Als er die Bühne betritt, macht er sich nicht über den anderen, Papa Doc, lustig, wie es üblich wäre. Stattdessen spricht er nur über seine eigenen Fehler. Damit raubt er seinem Gegenüber alle Angriffspunkte. Papa Doc fällt nichts mehr ein, was er über Rabbit sagen könnte, und er verliert das Rap-Battle.

Was können wir von diesem Film über Entscheidungen lernen?

Wenn du eine Entscheidung verkündest, dann begründe sie so, dass keine Fragen mehr offen bleiben. Der Schlüssel ist, dass du alle Fragen und Zweifel vorab antizipierst.

Hier ein Vorgehen:

  • Situation: Erkläre die Situation. Was ist passiert, das eine Entscheidung nötig macht?
  • Schwierigkeiten: Benenne die Probleme und die Auswirkungen dieser Situation auf das Unternehmen.
  • Fragen und Antworten: Erkläre, welche Fragen du dir bei der Entscheidungsfindung gestellt hast. Beschreibe anschließend, wie du diese Fragen beantwortet hast. Welche Daten hast du genutzt? Wen hast du mit einbezogen? Wie passt es zu den Unternehmenszielen? Usw.
  • Entscheidung: Verkünde die Entscheidung.
  • Warte auf Rückfragen: Bei weitreichenden Entscheidungen solltest du unbedingt auf die Fragen, Befürchtungen und Ängste der Mitarbeiter eingehen.

Wichtig ist der dritte Punkt. Hier kannst du die Technik von Rabbit nutzen. Je mehr du deine Fragen und Zweifel bei der Entscheidungsfindung transparent machst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du die Fragen deiner Mitarbeiter beantwortest.

Zum Abschluss noch eine Frage an dich: Kann immer eine Entscheidung getroffen werden?

Frage #5: Was sind die Möglichkeiten?

Manchmal gibt es Situationen, in denen wir eine Wahl haben, aber beide Alternativen negative Auswirkungen haben.

Diese Situationen nennen wir ein Dilemma.

Ein einfaches Beispiel: Ein Mitarbeiter möchte eine 20-%-ige Gehaltserhöhung haben. Wenn du sie ihm gewährst, müssen allerdings andere Mitarbeiter auf ihre Erhöhung verzichten. Die schlechte Stimmung im Team wird sich negativ auf das Unternehmen auswirken. Gewährst du ihm die Erhöhung nicht, besteht die Gefahr, dass er das Unternehmen verlässt. Da er ein wichtiger Wissensträger ist, würde sein Weggang das Unternehmen hart treffen.

Wie entscheidest du dich? Schreibe es in die Kommentare.

Zurück zur Dilemma-Theorie: Ein Dilemma zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht einfach entschieden werden kann. Deshalb ist das Vorgehen hier, den Handlungsraum zu erweitern.

Das Vorgehen heißt: die Tetralemma-Methode.

Das ist ein bewährtes Denkwerkzeug für bessere Entscheidungsfindung. Es geht auf den buddhistischen Philosophen Nagarjuna aus dem 2. Jahrhundert zurück. Wir können das Tetralemma als eine sich verändernde Landschaft verstehen. Wir durchwandern diese Landschaft und dadurch verändern wir sie.

Dies können wir in fünf Schritten tun:

  1. Das Eine: Entscheidung für Alternative A.
  2. Das Andere: Entscheidung für Alternative B.
  3. Beides: Entscheidung für Alternative A und B. Es wird ein Kompromiss getroffen.
  4. Keines: Entscheidung, weder Alternative A noch Alternative B zu wählen. Durch die Änderung des Kontexts verlieren Alternative A und B ihre strikte Geltung.
  5. Keine der bisherigen und auch keine weitere Alternative: Der Kontext des ursprünglichen Dilemmas wird ganz verlassen. Eine Entscheidung ist nicht mehr erforderlich. Das Dilemma löst sich auf.

Dilemmata erfordern somit viel Kreativität, Verhandlungsgeschick und Durchhaltevermögen.

Deshalb stelle dir bei einer Entscheidung auch die Frage:

Was sind die Möglichkeiten? Und welche Auswirkungen haben sie?

Wenn du dich gerade auf dem Weg zum Scrum Master oder zur Führungskraft befindest und dabei nach Unterstützung suchst, dann wirf einen Blick auf das „Professional Agile Leadership“-Training. Dort lernst du viele hilfreiche Werkzeuge, die dich bei deiner zukünftigen Arbeit unterstützen werden.


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