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3 kleine Fehler: So sabotieren Trainer unbewusst ihre Workshops und Schulungen (und wie du stattdessen effektives Lernen ermöglichst)

December 12, 2024

Es ist kein Geheimnis mehr:

Egal wie gut Trainer eine Schulung oder Lehrer eine Schulstunde entwerfen, wenn die Lernenden physische, soziale oder emotionale Schmerzen erleiden, werden sie nicht lernen. Die Aufmerksamkeit des Gehirns konzentriert sich allein auf die Vermeidung des Schmerzes. Dies sollte für die meisten Trainer keine neue Erkenntnis darstellen.

Jedoch machen viele noch immer denselben Fehler:

Fehler 1: Vorstellungsrunden zu Schulungsbeginn

Warum wird mit einer Vorstellungsrunde die psychologische Sicherheit riskiert?

Vorstellungsrunden führen dazu, dass ...

  • ... Teilnehmer vor der ganzen Gruppe reden müssen. Bedenke, dass nicht alle Menschen wie Trainer gerne vor Gruppen sprechen.
  • ... Machtstrukturen innerhalb der Gruppe entstehen. Es kann die Gruppendynamik verändern, ob sich jemand als Geschäftsführer eines DAX-Konzerns vorstellt oder als Werkstudent.

Viele Trainer sind sich dieser Auswirkung wahrscheinlich nicht bewusst.

Das kann daran liegen, dass wir es von typischen Meetings nicht anders gewohnt sind. Und versteh mich nicht falsch, ich bin nicht per se gegen Vorstellungsrunden. Wenn Unternehmen einen Vertrag verhandeln, ist es wichtig, dass klar ist, wer der Geschäftsführer und wer der Protokollführer ist.

Nur ist halt ein Training kein typisches Meeting.

Mit nur einer kleinen Änderung zu Beginn des Trainings kannst du diesen Fehler vermeiden:

Wenn ich einen Kurs beginne, verwende ich die TBR-Technik „Fast Pass“. Ich zeig  eine Flipchart, auf der steht:

„Herzlich willkommen. Stell dich jemandem vor, der in deiner Nähe sitzt. Erzähl ihm, was du bereits über das ‚Thema des Kurses‘ weißt. Diskutiert auch, was ihr euch von der Teilnahme an der Schulung erhofft.“

Dann passiert immer dasselbe:

Die Teilnehmer betreten den Raum und suchen sich einen Platz. Sie lassen sich nieder und betrachten ihre Umgebung. Sie lesen das Plakat. Und dann, anstatt ihren Computer aus der Tasche zu holen, sagen sie „Hallo“ zur Person neben sich.

Im Gegensatz zu einer Vorstellungsrunde stellen die Teilnehmer auf sichere Weise eine Verbindung zueinander her. Sie knüpfen an das an, was sie bereits über das Thema wissen. Und sie verbinden sich mit ihren Lernzielen.

Als Trainer sabotierst du damit nicht ihre Sicherheit, sondern gibst ihnen Raum, um eine sichere Umgebung zu schaffen.

Fehler 2: Lerner müssen gleichzeitig zuhören und schreiben

Es ist auch kein Geheimnis, dass Multitasking am Arbeitsplatz negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung von Mitarbeitern hat.

Gleiches gilt für Multitasking beim Lernen. Aktuelle Forschungen zu Multitasking zeigen: Multitasking führt dazu, dass …

  • … Lerner mehr Fehler machen,
  • … das Lernen mehr Zeit beansprucht und
  • … Lerner weniger Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführen können.

Wie schleicht sich Multitasking häufig in Schulungen ein?

  • Trainer erklären einen neuen Inhalt und die Teilnehmer sind gleichzeitig aufgefordert, sich Notizen zu machen.
  • Trainer erläutern eine Übung und bitten währenddessen die Teilnehmer, ihren Anweisungen zu folgen.
  • Trainer bitten die Teilnehmer, sich mit einem Partner auszutauschen und ihre Erkenntnisse als Notizen festzuhalten.

All diese sind Beispiele für Multitasking. Wenn wir die Forschungsliteratur lesen, erkennen wir, dass Multitasking eher einem Wechsel der Aufmerksamkeit gleicht. Und schnelles Umschalten der Aufmerksamkeit führt zu verminderter Aufmerksamkeit und schlechter kognitiver Leistung. „Zwingen“ Trainer also die Teilnehmer zum Multitasking, dann riskieren sie ihre Denkleistung. Wenn wir ganz ehrlich sind:

Sie sabotieren den Lernerfolg.

Natürlich ist den Trainern hier zunächst kein Vorwurf zu machen.

Wer Vorlesungen im Studium besucht hat, weiß, dass Zuhören und gleichzeitiges Mitschreiben zur Tagesordnung gehören. Mich wundert es nicht, wenn sich Professoren dann beschweren, dass ihre Studenten sich nicht beteiligen. Wie auch? Sie sollen zuhören, mitschreiben und dann noch Fragen zum Inhalt stellen?

So einfach kannst du das ändern:

Vermische Vortrag, Diskussion, Erklärung der Übung und Notizenmachen nicht. Gib den Teilnehmern Zeit, eines nach dem anderen zu machen.

Es wird sich lohnen. Ich erkenne, dass es funktioniert, da ich weniger danach gefragt werde, ob ich nochmal die Übung erklären kann oder ob ich den Satz im Vortrag nochmal wiederholen kann.

Fehler 3: Jeder Lerner hat seinen eigenen Lernstil

Im Jahr 2014 haben K. Dandy und K. Bendersky eine Umfrage unter Professoren und Studenten in den USA durchgeführt.

Dabei stimmten 64 Prozent der Professoren und 88 Prozent der Studenten zu, dass das Lernen verbessert wird, wenn der Unterricht auf die Lernstile der Schüler abgestimmt ist.

Die Befragten waren der Ansicht, dass jede Person einen individuellen Lernstil habe. Einige lernen besser visuell, andere eher auditiv und wieder andere eher haptisch. Was einleuchtet, da wir Menschen doch auch unterschiedliche Vorlieben und Neigungen haben.

Warum sollte das beim Lernen anders sein?

Im Jahr 2008 versuchte eine Gruppe von Forschern um den Psychologen Harold Pashler eine Übersicht über die empirischen Belege für unterschiedliche Lernstile zu verfassen. Zu ihrem Erstaunen fanden sie fast keine Experimente, die die These von unterschiedlichen Lernstilen stützten. Sie hatten eine Lücke in der Forschung entdeckt, was eine Flut von Studien und Publikationen zu diesem Thema hervorgerufen hat.

Das Ergebnis haben die Psychologen A. M. Brown und A. N. Kaminske in ihrem Buch „Five Teaching and Learning Myths – Debunked: A Guide for Teachers“ (2018) schön auf den Punkt gebracht:

„Fakt ist: Obwohl wir uns alle in vielerlei Hinsicht unterscheiden – unsere Vorlieben, Abneigungen, Motivation, frühere Erfahrungen, unser Entwicklungsumfeld, unser Spektrum an Fähigkeiten usw. –, lernen wir alle auf grundsätzlich ähnliche Weise.“

Das anzuzweifeln ist leider immer noch ein weit verbreiteter Fehler und führt zu einer sehr eindimensionalen Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten.

  • Zum Beispiel wird eine Präsentation mit vielen Bildern verwendet,
  • überwiegend interaktive Übungen zur Stoffvermittlung eingesetzt
  • oder der Trainer vermittelt die Inhalte anhand von persönlichen Anekdoten und Geschichten.

Keine dieser Methoden an sich ist besonders effektiv für eine bestimmte Personengruppe, wenn es um die Vermittlung von Wissen geht. Aber können Trainer alle Methoden in einem Training vereinen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer langfristig das Wissen behalten. Hinter vorgehaltener Hand können wir also sagen:

Vermitteln Trainer das Wissen in ihren Schulungen nur auf eine Art und Weise, sabotieren sie den Lernerfolg aller Teilnehmer.

Es wird dich jetzt nicht überraschen, wie mein Tipp lautet, diesen Fehler zu vermeiden:

Nutze alle Methoden und versuche dadurch bei der Vermittlung von Wissen, alle Sinne der Lernenden anzusprechen. Hier ist ein Beispiel aus einem meiner letzten Workshops:

Wie du sehen kannst, bewegen sich die Teilnehmer, sie sprechen und die Informationen sind an den Wänden sichtbar.

Willst du lernen, alle Sinne der Teilnehmer im Training zu aktivieren und somit effektives Lernen zu ermöglichen und nicht die typischen Fehler zu begehen, die das Lernen sabotieren?

Dann besuche mein nächstes „Training from the Back of the Room“-Training.


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