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Wie du Liberating-Structures zur Definition des Sprint-Ziels in deinem Scrum Team nutzen kannst

October 17, 2024

Fällt es deinem Scrum Team schwer, sich auf ein Sprint-Ziel zu einigen?

Dann könnte es daran liegen, dass bei der Definition des Sprint-Ziels nicht jeder einbezogen wird. Wenn du das ändern willst, habe ich hier eine Liste von 5 Liberating-Structures, die dir helfen werden, jeden zu involvieren.

Lass uns ohne Umschweife beginnen:

Liberating-Structure 1: „9 Whys“

Nichts hilft besser, ein Sprint-Ziel zu finden, als mit der Frage nach dem gemeinsamen Purpose des Teams zu beginnen.

Um den Purpose zu finden, hilft die Liberating-Structure „9 Whys“.

Hier die Schritte im Detail:

  • Paare bilden: Bitte die Mitglieder deines Teams, Paare zu bilden.
  • Eine Person des Paares stellt die Tätigkeit des Teams vor: „Was macht unser Team?“
  • Die andere Person versucht mit mehrfachen Warum-Fragen die Gründe und Wichtigkeit dieser Aufgabe zu erforschen: „Warum ist diese Tätigkeit wichtig?“ Halte die Antworten schriftlich fest.
  • Nach 5 Minuten werden die Rollen in den Paaren getauscht.
  • Bitte nun jeweils zwei Paare, ihre Erkenntnisse und Ergebnisse miteinander zu teilen. Lade dazu ein, auf Gemeinsamkeiten zu achten.

Zwei Bemerkungen zu den Warum-Fragen:

  1. Es müssen hierbei nicht 9 Fragen gestellt werden, sondern nur so viele, wie in 5 Minuten möglich sind.
  2. „Warum?“ kann auch durch „Wozu?“ oder später mit „Was noch?“ ersetzt werden.

Das Gespräch zum Purpose des Teams lässt sich gut in ein Gespräch über das Ziel des Sprints leiten. Hierzu kannst du die Frage nutzen:

„Nachdem wir jetzt über die Existenz unseres Teams nachgedacht haben, worauf sollten wir uns in diesem Sprint konzentrieren?“

Hierzu kannst du beispielsweise spontanes Netzwerken nutzen:

Liberating-Structure 2: „Impromptu-Networking“

Soll der Austausch bei der Findung des Sprint-Ziels im Mittelpunkt stehen?

Dann kannst du auch Impromptu-Networking nutzen. Es ist wie Speeddating, nur für Sprint-Ziele.

Hier die Schritte von Impromptu-Networking:

  • Mit einer Frage eine Einladung aussprechen: Die Frage bleibt in allen drei Runden dieselbe, sodass jeder Beteiligte seine initialen Gedanken verfeinern kann.
  • Austausch in Paaren: Die Teilnehmer des Teams bilden Paare und diskutieren die Frage. Dafür haben die Paare etwa 5 Minuten Zeit. Das ist Runde eins.
  • Drei Runden durchführen: Nach jeder Runde bilden die Teammitglieder neue Paare und diskutieren die Frage erneut. Es werden insgesamt drei Runden durchgeführt. Am Ende hat sich also jeder Teilnehmer mit drei anderen Personen zur selben Frage ausgetauscht.

Als Fragen kannst du eine der folgenden auswählen:

  • Welche Sorge um unser Produkt hält dich nachts wach? Was können wir in diesem Sprint bauen und testen, damit du etwas besser schlafen kannst?
  • Angenommen, uns geht das Geld aus und dies ist unser letzter Sprint. Was wäre dann die eine Sache, die wir noch tun müssten, um wenigstens einen gewissen Wert zu liefern?
  • Was sollte nach diesem Sprint unbedingt für unsere Nutzer verändert oder verbessert sein?

Die Fragen sind mit Absicht so formuliert, dass sie zum Weiterdenken, Diskutieren und Austausch einladen. Es geht weniger darum, bereits das Sprint-Ziel zu definieren, sondern mehr darum, einen Austausch über mögliche Ziele anzuregen.

Liberating-Structure 3: 25/10 Crowdsourcing

Unstrukturiertes Brainstorming führt schnell zu Gruppendenken.

Oft finden nur die Ideen der Lautesten im Team Gehör. Da bei der Definition eines Sprint-Ziels viel auf dem Spiel steht, sollte Gruppendenken durch Anonymität unterbunden werden.

25/10 Crowdsourcing macht anonymes Brainstorming und Bewerten möglich.

Hier die Schritte von 25/10 Crowdsourcing im Detail:

  • Sammeln: Jeder im Scrum Team schreibt seine Idee für das Sprint-Ziel auf eine Karteikarte.
  • Tauschen von Karten: Anschließend wandern die Mitglieder des Scrum Teams umher, tauschen dabei untereinander ihre Karten aus und lesen diese kurz durch.
  • Bewerten der Ideen: Wenn die Glocke läutet, hören die Teammitglieder auf, die Karten weiterzureichen. Jeder bewertet nun für sich das Sprint-Ziel auf der Karteikarte in seiner Hand auf einer Punkteskala von 1 bis 5 (1 wenig lohnenswert, 5 sehr lohnenswert) und schreibt die Zahl auf die Rückseite der Karte.
  • Abermaliges Tauschen der Karten: Wenn die Glocke das nächste Mal ertönt, werden die Karten ein zweites Mal weitergereicht, bis sie wieder läutet und der Bewertungszyklus sich wiederholt. Insgesamt werden so fünf Runden absolviert.
  • Auswertung der Ideen: Nach der fünften Runde zählen die Mitglieder des Teams die fünf Punktzahlen der Karte in ihrer Hand zusammen und notieren den Wert.

Anschließend wird das Sprint-Ziel mit den höchsten Punktzahlen identifiziert und mit dem gesamten Team geteilt.

Liberating-Structure 4: 1-2-4-All

Sollte bei der Definition des Sprint-Ziels weniger die Anonymität, sondern der Austausch im Mittelpunkt stehen?

Dann kannst du mit 1-2-4-All den Mitgliedern im Team eine Stimme geben.

Hier eine einfache Anleitung der einzelnen Schritte:

  1. Individuelle Reflexion (1 Minute): Jeder nimmt sich eine Minute Zeit, darüber nachzudenken, was ein lohnenswertes Ziel für diesen Sprint sein könnte. Das Nachdenken geschieht dabei in Stille. Dies ermöglicht es dem Einzelnen, seine Gedanken ohne äußere Einflüsse zu sammeln.
  2. Austausch in Paaren (2 Minuten): Die Teammitglieder bilden Paare, um sich gegenseitig mögliche Ziele mitzuteilen. So wird ein sicherer Raum geschaffen, in dem jeder seine Ziele vorstellen kann.
  3. Austausch in Quartetten (4 Minuten): Die Paare schließen sich nun zu Vierergruppen zusammen, in denen sie ihre Ziele weiter diskutieren und verfeinern.
  4. Zum Schluss kommt das gesamte Team zusammen: Jedes Quartett teilt seine wichtigsten Erkenntnisse und Entdeckungen, die sich aus der Diskussion ergeben haben, der ganzen Gruppe mit.

Zum Schluss noch eine Structure, die sich besonders gut online, bei knapper Zeit oder sehr lautstarken Teams eignet.

Liberating-Structure 5: 3x3-Writing

Du kannst diese Methode auch in Verbindung mit den anderen Methoden nutzen, damit sich jeder in Ruhe auf das Sprint-Planning einstimmen kann.

Die ursprüngliche Methode heißt 10x10-Writing. Da diese viel Zeit in Anspruch nimmt, nutze ich die 3x3-Variante.

 

Hier die Schritte im Detail:

  • Jeder im Team braucht ein Blatt Papier (digitale Post-its) und einen Stift.
  • Stelle den ersten Satzanfang vor und bitte jeden im Team, diesen aufzuschreiben. Das geschieht, ohne zu sprechen.
  • Nachdem jeder den Satz notiert hat, lade die Mitglieder des Teams ein, den Satz auf 3 verschiedene Arten zu vervollständigen (1 Minute). Wichtig ist, nicht zu viel über die einzelnen Antworten nachzudenken. Was den Mitgliedern spontan einfällt, ist das Richtige. Ziel ist es, in einer Minute so viele Möglichkeiten wie möglich zu finden.
  • Stelle den zweiten Satz vor und fordere wieder alle auf, erneut 3 verschiedene Antworten auf diesen neuen Satz zu formulieren (1 Minute).
  • Wiederhole den Vorgang, bis alle 3 Sätze vervollständigt wurden.
  • Nun bitte die Mitglieder im Team, alles durchzulesen, was sie geschrieben haben, und die Punkte auf ihren Listen einzukreisen, die besonders hervorstechen. Hierzu könntest du fragen: „Habt ihr etwas geschrieben, das euch überrascht hat oder das ihr merkwürdig findet?“

Sätze, die du zur Vervollständigung nutzen kannst:

  • Eine Erkenntnis aus dem Sprint-Review ist ...
  • Wenn ich mir unseren Product-Backlog ansehe, dann sollten wir ...
  • Eine Frage, die ich mir nach dem letzten Sprint stelle, lautet ...
  • Wenn unser Team völlig frei agieren dürfte, dann sollten wir ...
  • Ein absurder Gedanke für diesen Sprint ist ...

Wenn du mehr darüber lesen willst, wie du Liberating-Structures oder andere Techniken zur Moderation in Scrum Teams nutzen kannst, dann empfehle ich dir den Besuch des „Professional Scrum mit Facilitation“-Trainings. Unter der Anleitung von Marc Kaufmann und mir hast du einen Tag lang die Möglichkeit, Techniken und Methoden rund um die Moderation der Scrum Events zu lernen.


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