„Wie kann ich mich auf die PSM-3-Prüfung vorbereiten?“
Diese Frage erreicht mich in letzter Zeit häufig über LinkedIn. Die meisten erwarten nun eine einfache Antwort auf diese einfache Frage. Am liebsten noch in Form eines Kochrezepts. Bereite X vor, füge Y hinzu, dreimal umrühren und einmal aufkochen et voilà. Fertig ist das PSM-3-Zertifikat.
Vor einigen Jahren habe ich die PSM-3-Prüfung mit mehr als 90 % bestanden. Ich kann dir versichern: So einfach ist das nicht. Ein Kochrezept, welches jeden befähigt, die Prüfung auf Anhieb zu bestehen, gibt es nicht.
Schaue ich aber auf meine Lernreise zurück, so kann ich drei Säulen erkennen, die mir geholfen haben, erfolgreich zu sein.
Diese Säulen möchte ich in diesem Artikel auch mit dir teilen:
Säule #1: Vertiefe dein Wissen über Professional Scrum
Aus meiner Sicht geht die PSM-3-Prüfung inhaltlich nicht über die Lehrinhalte einer Professional-Scrum-Master-Schulung hinaus.
Um die Prüfung zu bestehen, musst du nicht alles über die Geschichte von Scrum, die Evolution des Scrum Guides oder die Geschichte des Manifests für Agile Softwareentwicklung wissen. Jedoch musst du Scrum in seiner wahren Tiefe verstanden haben. Letztlich geht es bei Scrum um den empirischen Prozess, die Scrum-Werte und sich selbst managende Teams. Dies wird auch als das Herz von Scrum bezeichnet.
Um dieses Verständnis von Scrum zu erlangen, habe ich versucht, so viel wie möglich über Professional Scrum zu lernen. Da es so viele Schulungen, Bücher, Podcasts und Artikel zu Scrum gibt, rate ich dir, dich auf das Angebot von Scrum.org zu beschränken. Da die Prüfung von Scrum.org gestellt wird, denke ich, dass dies eine ausreichende Vorbereitung ist. Lies die Beiträge auf dem Scrum.org-Blog und die Bücher aus der „Professional Scrum“-Serie und besuche die „Professional Scrum“-Trainings.
Am hilfreichsten waren dabei für mich der Besuch des „Professional Scrum Master 2“-Trainings und das Buch „Mastering Professional Scrum“ von Stephanie Ockerman und Simon Reindl. Zu allem, was ich Neues über Scrum gelernt habe, habe ich mir detaillierte Notizen gemacht. Ich habe dazu nicht einfach den Inhalt noch mal in eigenen Worten wiedergegeben, sondern stets versucht, zum Herzen von Scrum vorzudringen. Ich habe mir also die Frage gestellt:
- Wie unterstützt dies die Transparenz für den empirischen Prozess in Scrum?
- Wie ermöglichen die Scrum-Werte ein Umfeld, in dem Vertrauen herrscht, damit sich Transparenz einstellen kann?
- Was hilft dem Scrum Team, sich selbst zu managen?
Säule #2: Wende dieses Wissen konkret in der Praxis an
Um die 30 Fragen in der PSM-3-Prüfung erfolgreich zu beantworten, ist eine Kombination aus Scrum-Wissen und dessen Anwendung nötig.
Es geht also darum, Scrum selbst zu erfahren, um es zu verstehen. Alle Praktiken, die ich in Trainings und Büchern kennengelernt habe, habe ich immer in meinen Teams direkt ausprobiert.
Hier ein paar Beispiele:
- Ich habe Workshops zu Working-Agreements, der Definition of Done und Story Mapping durchgeführt.
- Ich habe Work-in-Progress-Limits, Single-Piece-Flow und Vorhersagen mit Monte-Carlo-Simulationen eingeführt.
- Ich habe Sprint Plannings, Refinements und Retrospektiven mit einem oder vielen Teams moderiert.
Ich bin davon überzeugt, dass für Lernen neben dem Erfahren auch das anschließende Reflektieren wichtig ist. Nur so verankert sich das Wissen langfristig. Nach allen Dingen, die ich mit Scrum Teams ausprobiert habe, habe ich mir deshalb diese drei Fragen gestellt:
- Was ist die Ausgangssituation?
- Welches Problem gilt es zu überwinden oder welches Ziel zu erreichen?
- Wie hat der gewählte Ansatz geholfen, dieses Ziel zu erreichen?
Scrum selbst erfahren zu haben, ist ein Aspekt in der Prüfung. Ein anderer ist, Fragen schnell und präzise auf Englisch zu beantworten.
Für mich war dies sogar die zentrale Fähigkeit, welche es zu erlernen galt.
Aber nicht das Aufschreiben, wie du jetzt vielleicht sofort denkst, sondern das klare und präzise Beantworten einer Frage. Schreiben fördert diese Fähigkeit.
Schreiben destilliert das Denken.
Diese Art, zu denken, habe ich mir zur Gewohnheit gemacht, indem ich jeden Tag ein Jahr lang schriftlich eine schwierige Frage über Scrum beantwortet habe. Es war mein Ritual, wenn ich am Morgen ins Büro kam. Noch bevor ich mir den ersten Kaffee geholt habe, habe ich mein Notizbuch auf einer neuen Seite aufgeschlagen und eine Frage schriftlich in weniger als 5 Minuten beantwortet. Ich habe mir nur fünf Minuten Zeit gegeben, da die Prüfung 150 Minuten beträgt und 30 Fragen gestellt werden.
Hier einige Beispiele aus dieser Zeit:
Was ist der Zweck des Daily Scrums? Welche Auswirkungen hätte es auf den empirischen Prozess, wenn das Daily Scrum nur einmal die Woche stattfinden würde? Wie kann ich einem Team helfen, welches das Daily Scrum ausfallen lässt?
Wie ich an diese Fragen gekommen bin, das erfährst du im nächsten Teil.
Säule #3: Umgib dich mit Menschen, die dich für verantwortlich halten
In der Vergangenheit wurde mir immer, wenn ich eine neue Sache allein begonnen habe, schmerzlich vor Augen geführt, dass ich nach kurzer Zeit den Mut verloren und aufgegeben habe.
Deshalb war mir von Anfang an bewusst, dass ich Menschen benötige, die mich bei meinem Vorhaben unterstützen. Und zwar in der Form, dass sie mich für das Ergebnis verantwortlich machen. Eine Frage, wie ich sie oben aufgeschrieben habe, habe ich natürlich in den ersten Monaten meiner Lernreise nicht in 5 Minuten beantworten können. Um ehrlich zu sein, habe ich am Anfang den ganzen Tag daran gesessen. Und es hat bestimmt 6 Monate gedauert, bis ich sie in 15 Minuten beantworten konnte.
Deshalb habe ich mir von Anfang an Verantwortlichkeitspartner gesucht. Bei diesen Menschen war mir nicht wichtig, ob ich sie häufig treffen konnte. Mir war wichtig, dass sie wussten, was ich erreichen will. Und die alleinige Sorge, dass sie mich fragen könnten, ob ich Fortschritte machte, half mir, mich jeden Tag aufs Neue hinzusetzen und meine Frage des Tages zu beantworten.
Ich habe mich hierbei an Professional Scrum Trainer oder Trainer-Anwärter gewandt. Menschen, welche mir auf meiner Reise einige Schritte voraus waren. Sie habe ich auf Konferenzen wie dem Scrum Day oder per E-Mail mit Fragen über Scrum gelöchert und gebeten, mir schwere Fragen über Scrum zu stellen und mir Feedback zu meinen Antworten zu geben. Mit einigen Scrum-Trainer-Anwärtern habe ich mich auch am Ende meiner Lernreise alle zwei Wochen verabredet, um in Simulationsrunden Fragen und Antworten zu üben.
Eine vielleicht wenig bekannte Quelle für Fragen möchte ich noch mit dir teilen. Sie war mir am Anfang meiner Vorbereitung eine große Hilfe: das Scrum.org-Forum.
Das Geheimnis hier ist aber nicht ausschließlich, die Fragen der Threadsteller zu notieren, sondern stattdessen die Gegenfragen, die Professional Scrum Trainer dort stellen. Diese Kombination ergab die schwersten Fragen, die ich finden konnte.
Wenn du auch den Entschluss gefasst hast, diesen fachlichen Meilenstein anzugehen, und dich auf die Lernreise zum PSM-3-Absolventen machen willst, dann melde dich zum PSM 3 Bootcamp an.