Die bittere Wahrheit über „Organisationsentwicklung“:
Du kannst Organisationen nicht ändern.
Sondern nur Köpfe und Herzen!
Wie änderst du Köpfe und Herzen? Durch Gespräche. Genau, eines nach dem anderen. Scrum Master, die solche Gespräche suchen, übernehmen Verantwortung für Veränderungen. Wo solche Gespräche entstehen, wird sogar im Scrum Guide aufgelistet. Sie entstehen u. a. bei:
- der Beseitigung von Hindernissen, die den Fortschritt des Scrum Teams bei der Erreichung des Sprint-Ziels behindern.
- der Zusammenarbeit zwischen Scrum Team und Stakeholdern, etwa im Refinement oder Sprint Review.
- dem Aufbau eines Verständnisses für empirische Arbeit bei allen Mitarbeitern im Unternehmen.
Somit sind Gespräche eines der wichtigsten Werkzeuge, die ein Scrum Master verwendet. Wenn du dabei Fehler machst, können diese sehr schwerwiegend sein. Ich habe in den letzten Jahren viele Fehler gemacht. Daher wurde mir oft die „Tür vor der Nase zugeschlagen“, bevor das Gespräch wirklich begann. Ein möglicher erster Schritt zur Veränderung wurde somit schon im Keim erstickt.
Wenn ich zurück schaue, dann muss ich mir eingestehen, dass sich viel dieser Fehler einfach vermeiden ließen. Im Folgenden findest du drei der häufigsten Fehler und jeweils einen Tipp, diese zu vermeiden:
Fehler 1: Vorzeitiges Unterbrechen des Sprechers
Wenn du glaubst, jemanden zu unterbrechen sei ein harmloser Fehler, dann irrst du dich.
Auch wenn du überzeugt bist, dass du weißt, was der andere sagen will, solltest du ihn immer ausreden lassen. Im besten Fall wird Unterbrechen dazu führen, dass du von deinem Gegenüber als respektlos wahrgenommen wirst. Im schlimmsten Fall kann das Unterbrechen dazu führen, dass bei deinem Gesprächspartner die Amygdala aktiviert wird. Die Amygdala ist jener Teil des Gehirns, der für Kampf- oder Fluchtreaktionen verantwortlich ist. Dies wird als „Amygdala-Hijacking“ bezeichnet, weil der abrupte Zwischenruf einen Alarm im Gehirn auslöst und eine emotionale Reaktion hervorruft.
Weder als respektlos zu gelten noch bei deinem Gegenüber eine Kampf- oder Fluchtreaktion auszulösen, wird dir helfen, ein Gespräch mit ihm zu führen.
Wie kannst du deinen Drang zu unterbrechen zügeln?
Ein kleiner Kniff ist, in Gedanken langsam bis drei zu zählen, bevor du antwortest: One Mississippi, two Mississippi, three Mississippi…
Langfristig solltest du versuchen, der Versuchung zu widerstehen, das Gesagte deines Gegenübers zu analysieren oder zu bewerten. Übe, einfach nur zuzuhören. Einfach nur zuzuhören bildet die Grundlage für aktives Zuhören. Aktives Zuhören ist eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Scrum Masters. Ich behaupte sogar, dass dieser vermeintliche Soft Skill für Scrum Master ein Hard Skill ist. Mehr dazu hier.
Fehler 2: Fragen stellen, nur um selbst etwas zu verstehen
Das Stellen guter Fragen ist das Herzstück von Gesprächen über Veränderung.
Fragen sind die primäre Technik, um dein Gegenüber dazu zu bringen, sich zu öffnen, zu reflektieren, sich etwas vorzustellen, mitzumachen, Probleme zu erkennen und kreative Lösungen zu finden. Allerdings ist eine gute Frage mehr als nur das Erste, was einem in den Sinn kommt, oder das, was man nicht verstanden hat.
Diesen Fehler habe ich leider häufig gemacht. Ich stellte Fragen, um SELBST etwas besser zu verstehen. Bei Gesprächen über Veränderungen sollte es jedoch weniger um mich und mehr um mein Gegenüber gehen. Wenn du viele Verständnisfragen stellst, kann sich dein Gegenüber ausgefragt fühlen, was dazu führen kann, dass er sich rechtfertigt.
Kurz gesagt: Gute Fragen zu stellen ist wichtig, dennoch sollten wir nicht nur reine Verständnisfragen stellen. Um dies zu vermeiden kannst du stet Folgendes verwenden:
- „Erzähl mir mehr davon.“
- „Kannst du das näher erläutern?“
- „Was fällt dir dazu noch ein?“
Diese drei Fragen sind ein einfacher Kniff, um deinem Gesprächspartner die Möglichkeit zu geben, die Situation weiter zu reflektieren und Einsichten zu gewinnen.
Fehler 3: Positives Verhalten blind verstärken
Der Rat „Positives verstärken, Negatives ignorieren“ hilft nicht immer.
Wenn sich das Gespräch dahin gehend entwickelt, dass dein Gesprächspartner sein Verhalten reflektiert, verfalle nicht in Euphorie und versuche nicht, diesen Impuls deines Gesprächspartners blindlings zu verstärken.
Sagt dein Gegenüber zum Beispiel:
„Vielleicht sollte ich häufiger zum Sprint Review kommen. Das Produkt interessiert mich, und ich kann sicherlich hilfreiche Anmerkungen machen.“
Und du erwiderst:
„Wenn du regelmäßig zum Sprint Review kommst, wird dein Feedback sicherlich helfen, das Produkt noch erfolgreicher zu machen, was sich bestimmt positiv auf deine Karriere auswirkt.“
Wenn du zu einseitig die positiven Aspekte der Veränderungen betonst, führt das oft dazu, dass dein Gegenüber automatisch ablehnt. Dieses Phänomen wurde von William R. Miller und Stephen Rollnick untersucht und wird als „Sprache der Veränderung“ und „Sprache des Beharrens“ bezeichnet.
Der Kniff, dies zu verhindern, besteht darin, auch die negativen Konsequenzen einer möglichen Verhaltensänderung zu beleuchten.
Stelle also Fragen, die deinem Gesprächspartner helfen, eine Pro- und Kontraliste gedanklich für sich zu erstellen.
- Kontra: „Wenn du dir die Stunde Zeit nimmst, was könntest du dann nicht tun?“
- Pro: „Was ermöglicht dir die Stunde im direkten Kontakt mit deinen Kunden?“
Wenn sich der Gesprächspartner in einem ambivalenten Zustand hinsichtlich einer möglichen Veränderung befindet, dann hilf ihm, diese Ambivalenz zu erkennen und mache nicht den Fehler, ihn in eine Richtung zu drängen. Fragen, die das Für und Wider beleuchten, unterstützen dich dabei.
Nachdem ich dir drei Fehler vorgestellt habe, die ich häufig mache und die Gespräche über Veränderungen verhindern, bist jetzt du an der Reihe:
Welche Fehler hast du gemacht, vor denen wir uns hüten sollten?
Bitte schreibe sie in die Kommentare.