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Meeting- und Workshop-Moderation: 10 Interventionen, um Konflikte frühzeitig zu entschärfen

February 5, 2024

Als Facilitator beobachtest du ständig die Dynamik der Gruppe und achtest auf die Effektivität des Prozesses.

Trotz klarem Meeting-Ziel und den richtigen Personen im Raum, kann es manchmal kriseln ...

... es fühlt sich an, als würde ein Sturm heraufziehen.

Weiterhin abzuwarten, ist dann keine Option mehr. Du musst eingreifen.

Kommt dir diese Situation bekannt vor? Hier findest du 10 Interventionen, die ich in Meetings nutze, um Konflikte frühzeitig zu entschärfen.

Los geht's:

Intervention 1: Aufstehen und sichtbar werden

Wie reagierst du auf Teilnehmer in Workshops, die ständig tuscheln?

In Workshops möchte ich jedem Teilnehmer die Möglichkeit geben, die Aufgabe eigenständig zu bearbeiten. Dazu erkläre ich die Aufgabenstellung und fordere die Teilnehmer auf, diese jeweils für sich zu beantworten, ohne sich mit den anderen Teilnehmern auszutauschen. Häufig kommt es vor, dass sich Teilnehmer nicht daran halten und weiterhin reden. Dann wiederhole ich die Aufgabenstellung noch einmal. Wenn sie weiter tuscheln, stehe ich auf und stelle mich direkt neben sie. Dies führte bis jetzt immer dazu, dass es still wurde. Meine Einsicht:

Physische Präsenz ist eine einfache und wirkungsvolle Intervention.

Intervention 2: Erarbeitung von Gesprächsregeln

Gesprächsregeln sind ein wirkungsvolles Werkzeug.

Sie ermöglichen es, die Art und Weise, wie die Gruppe zusammenarbeiten möchte, ins Bewusstsein zu rücken. Du kannst sie zu Beginn des Meetings etablieren oder in dem Moment, wenn sie nötig werden. Hier ist mein einfaches Vorgehen:

  1. Beginne mit der Einladung: „Jeder notiert, was er tun könnte, damit der Workshop garantiert ein Desaster wird. Bitte notiert jedes Verhalten auf einer separaten Sticky-Note.“
  2. Lasse die Teilnehmer anschließend in Ruhe alle Notizen lesen.
  3. Fahre mit der Moderation wie folgt fort: „Nachdem wir herausgefunden haben, was wir nicht tun sollten, schauen wir uns jetzt an, was wir tun sollten, damit dieser Workshop zu einem großartigen Erlebnis für alle wird. Bitte notiert jedes Verhalten wieder auf einer separaten Sticky-Note.“
  4. Lasse die Teilnehmer erneut in Ruhe alle Notizen lesen.

Meine Erfahrung mit diesen Aktivitäten:

  • Der Twist, zuerst mit dem „Nichtverhalten“ zu beginnen, fördert die Kreativität und sorgt dafür, dass sich jeder gleich wohler fühlt.
  • Werden die Gesprächsregeln während des Workshops erstellt, hilft die Erwähnung des „Nichtverhaltens“, um nicht hilfreiches Verhalten anzusprechen.
  • Falls nötig, kannst du Schritt 4 mit einer Zusammenfassung oder ähnlichen Methoden fortsetzen.

Intervention 3: An die Gesprächsregeln erinnern

Wie kannst du die Gesprächsregeln im Workshop nutzen?

Ich fordere nicht zur direkten Einhaltung auf, sondern versuche, dafür Sichtbarkeit in der Gruppe zu schaffen:

  • Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut hören wir einander zu? Bitte stimmt mit euren Fingern ab.
  • Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut lassen wir einander ausreden? Bitte stimmt mit euren Fingern ab.
  • Wie setzen wir [eine Gesprächsregel nennen] um? Bitte stimmt mit euren Fingern ab.
  • Die Teilnehmer beantworten die Fragen gleichzeitig, indem sie ihre Finger zeigen.

Wenn ich eine Person direkt anspreche, verwende ich die Frage:

Was brauchst du, um dich an die Gesprächsregeln zu halten?

Sollten die Fragen an die Gruppe und an einzelne Personen nicht wirken, dann bleibt als letzte Möglichkeit:

Was ich von dir benötige, ist [eine Gesprächsregel nennen], und was du von mir bekommst, ist [ein Zugeständnis].

Das Zugeständnis kann beispielsweise sein, dass wir einem Punkt, der nicht auf der Agenda steht, Raum geben.

Intervention 4: Meine Befürchtungen benennen

Das Äußern einer Befürchtung kann eine Alternative zur Erinnerung an die Gesprächsregeln darstellen:

Wenn ich das Gefühl habe, dass es zwischen Personen in der Gruppe Spannungen gibt, äußere ich meine Beobachtungen und Befürchtungen folgendermaßen:

  • Ich beobachte ...
  • Ich befürchte ...

Anschließend folgt eine konkrete Bitte oder ein Aufruf zur Unterstützung:

  • Könntest du bitte ...?
  • Was können wir gemeinsam dagegen tun?

Meine Erfahrungen mit diesem Ansatz:

Die Beobachtung und die Bitte müssen konkretes Verhalten beschreiben. Eine Befürchtung zu äußern, erfordert viel Ehrlichkeit, um wirkungsvoll zu sein. Beispiel: „Ich befürchte, dass wir das Meeting-Ziel nicht in der vorgesehenen Zeit erreichen und ich mich deshalb vor dem Auftraggeber rechtfertigen muss und um eine Folgebeauftragung bangen muss.“ Die Frage: „Was können wir dagegen tun?“, lädt zur Zusammenarbeit ein.

Intervention 5: Den Elefanten im Raum ansprechen

Manchmal nutzt du eine Intervention nach der anderen, aber du hast den Eindruck, dass niemand in der Gruppe den Mut hat, den eigentlichen „Elefanten im Raum“ anzusprechen.

Dann solltest du es tun.

Hier drei Gründe, die zu Uneinigkeit in Meetings führen können:

  • Nicht alle Personen verfügen über dieselben Informationen.
  • Nicht alle Personen teilen das gleiche Werteverständnis.
  • Es gibt Faktoren, die zur Uneinigkeit führen, die jedoch außerhalb des Meetings liegen.

Deine Aufgabe als Facilitator ist es, dem Elefanten eine Stimme zu geben und eine Vermutung darüber zu äußern, welcher dieser Gründe die Zusammenarbeit wirklich behindert. Dadurch öffnest du den Raum, um das Problem anzugehen.

Intervention 6: Eine Pause einlegen

Manchmal hilft einfach eine kurze Unterbrechung!

Lade die Teilnehmer des Meetings ein, frische Luft zu schnappen, sich zu strecken oder ein Glas Wasser zu trinken. Dies kann Spannungen abbauen und den Geist erfrischen. In Onlinemeetings kannst du die Teilnehmer bitten, einen Gegenstand aus der Küche zu holen. Warum die Küche? Weil die wenigsten Menschen in der Küche arbeiten. So werden sie gezwungen, wirklich aufzustehen und sich zu bewegen.

Intervention 7: Ein Energizer-Spiel durchführen

Neben einer Pause kann auch ein Energizer die Stimmung im Raum verändern.

Wenn etwa Differenzen in der Gruppe herrschen, dann wähle einen Energizer, der die Gemeinsamkeiten der Teilnehmer betont. Ich nutze dazu das „Shared Interests“-Bingo. Erstelle dazu eine Bingokarte mit verschiedenen Interessen, Hobbys oder persönlichen Erfahrungen. Lasse die Teilnehmer sich untereinander mischen und andere finden, die ihre Interessen oder Erfahrungen teilen. Die erste Person, die eine vollständige Reihe erreicht, gewinnt! Das eigentliche Ziel ist es, Gemeinsamkeiten zu entdecken, getreu einem Grundsatz für Facilitation:

Gemeinschaft vor Entscheidung.

Intervention 8: Teilnehmern erlauben, ihren Frust zu äußern

Im „Applying Professional Scrum“-Training stelle ich den Teilnehmern des Workshops gleich zu Beginn eine Übung, die sie sprichwörtlich ins Chaos stürzt.

Sie haben 30 Minuten Zeit, gemäß vorgegebenen Anforderungen eine Website zu entwickeln. Nach genau 30 Minuten begutachte ich ihre Arbeit und kritisiere sie, dass die Arbeit wertlos ist, da ich das Ergebnis nicht nutzbar finde. Diese Lektion ist wichtig, gleichzeitig aber sehr deprimierend. Um den Lernfortschritt nicht zu gefährden, nutze ich eine Technik aus dem Improvisationstheater: Ich bitte die Teilnehmer aufzustehen und die Erfahrung – oder im Theater die jeweilige Rolle – abzuschütteln, indem sie sich richtig schütteln. Im Anschluss daran brechen alle immer in Lachen aus.

Hier noch zwei weitere Aktivitäten, die du auch nutzen kannst:

  1. Blitzrunde: Gib jedem Teilnehmer die Gelegenheit, 30 Sekunden seine aktuellen Gefühle oder Frustrationen zu äußern, ohne dass darauf eingegangen wird. Dies hilft, Gedanken zu klären und sich Luft zu machen.
  2. Frust-Box: Stelle eine Box bereit, in die Teilnehmer anonym ihre Frustrationen auf Zetteln hinterlegen können. Diese können entweder während oder nach dem Meeting in der Retrospektive besprochen werden.

Meine Erfahrung mit diesen Aktivitäten:

  • Die Blitzrunde hilft, wenn der Frust über die Situation oder über nicht anwesende Personen besteht.
  • Die Frustrationen in der Frust-Box sollten unbedingt anonym bleiben.

Achtung: Das „Applying Professional Scrum“-Training biete ich ausschließlich in-house an. Möchtest du Scrum von Grund auf lernen, indem du Produktentwicklung mit einem Team am eigenen Leib erfährst und nicht nur darüber liest oder redest? Dann schreibe mir eine Nachricht und wir besprechen, wie ich dich und dein Team unterstützen kann.

Intervention 9: Zur Wertschätzung ermutigen

Wenn Kritik und Vorwürfe ausgesprochen werden, solltest du sofort eingreifen!

Sie könnten den Übergang von einer noch möglichen „Win-win“-Situation zu einer „Win-lose“-Situation markieren.

Was meine ich damit?

Betrachte hierzu die vereinfachte Version des „Neun Stufen in den Abgrund eines Konflikts“-Modells nach Friedrich Glasl:

  • Stufe 1: Eine „Win-win“-Lösung ist noch für beide Parteien möglich.
  • Stufe 2: Nur noch eine „Win-lose“-Lösung ist möglich.
  • Stufe 3: Für beide Parteien ist nur noch eine „Lose-lose“-Lösung möglich.

Kritisiert ein Teilnehmer im Meeting eine andere Person – nicht die Sache –, dann befindest du dich am Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2. Nach Marc Kaufmann, meinem Co-Trainer im „Professional Scrum Master II“-Training, markiert der Übergang zwischen diesen beiden Stufen einen Verlust der gegenseitigen Wertschätzung. Diese musst du versuchen sofort wiederherzustellen. Nutze diese Frage:

„Okay, ich höre deine Frustration. Aber darüber hinaus, was kannst du Positives über die Person sagen?“

Sollte der Kritiker nichts Positives sagen können, dann befindest du dich wahrscheinlich auf Stufe 2 des Konfliktmodells und solltest die Personen trennen und ein vertrauliches Gespräch suchen.

Intervention 10: Unterbrechen und ein vertrauliches Gespräch suchen

„Entschuldige bitte, könnten wir vielleicht kurz ein separates Gespräch führen?“

Diese Intervention nutze ich nur, wenn ich den Eindruck gewonnen habe, dass die Aussagen oder das Verhalten einer Person wirklich den Fortschritt des Meetings blockieren. Anders ausgedrückt: Keine Beteiligung ist kein Grund, um ein vertrauliches Gespräch außerhalb des Meetings zu erbitten. In einem solchen Fall stelle ich mir eher die Frage:

„Was möchte mir die Person sagen? Was habe ich übersehen oder vergessen zu erklären?“

Dann spreche ich die Person an, um Unterstützung anzubieten, aber bitte sie nicht um ein Gespräch außerhalb der Gruppe.

Wenn ich um ein vertrauliches Gespräch bitte, dann unterbreche ich meistens das gesamte Meeting. Aus meiner Erfahrung ist niemals nur eine Person ein „Störfaktor“, der aus der Gruppe entfernt werden muss, damit diese wieder produktiv ist. Es handelt sich eher um die Dynamik zwischen den Menschen in der Gruppe, und dieser gesamten Dynamik gilt es, zu begegnen.

Übrigens – ich bin fest davon überzeugt, dass eine der ersten Fähigkeiten, die Scrum Master erlernen sollten, die Moderation von Workshops und Scrum Events ist.

  • Damit unterstützt du Teams dabei, ihre Ziele zu erreichen, – ohne sich in endlose Diskussionen zu verstricken.
  • Du sparst deinem Unternehmen Geld, indem Meetings wirklich mit einer Entscheidung enden und nicht mit einem weiteren Meeting.

So geht's: Besuche die „Professional Scrum Facilitation“-Schulung.


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