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Das Meeting dreht sich im Kreis: 10 Interventionen, um diese heikle Phase zu überwinden und zu einer Entscheidung zu gelangen

March 11, 2024

Die drei größten Herausforderungen in Meetings:

  • geringe Beteiligung
  • Vielredner
  • keine Entscheidung

Jeder erfahrene Facilitator kennt diese Probleme. Eigentlich sollten im Meeting alle Teilnehmer gemeinsam von der Verstehensphase der Problemstellung zur Phase der Lösungsauswahl übergehen. Passiert dies nicht, weil sich Mitglieder nicht beteiligen, andere sofort mit Lösungen vorpreschen und sich das Team am Ende auf keinen Vorschlag einigen kann, dann dreht sich die Diskussion im Kreis. Meiner Erfahrung nach lässt sich diese Phase des Meetings nicht ganz vermeiden. Allerdings sollte unser Anspruch als Facilitator sein, diese Phase gut zu überwinden.

Hier sind zehn Interventionen, die mir in der Vergangenheit dabei geholfen haben.

Los geht’s:

Intervention 1: Fragen stellen, damit jede Idee zum Vorschein kommt

Fragen sind die wohl wichtigste Intervention.

Gleichzeitig ist das Stellen guter Fragen eine Fähigkeit, die Jahre benötigt, bis wir sie beherrschen. Wenn du sie erlernen willst, dann beginne mit einfachen Fragen. Eine einfache Frage ist die Frage: „Warum?“ Eine Steigerung davon ist die „5 Warum“-Methode. Du kannst sie nutzen, um Fragen zu stellen, die die Gruppe zu tieferen Einsichten führen.

Die fünf Schritte im Detail:

  • Problem festhalten: Beginne damit, ein spezifisches Problem, das untersucht werden soll, genau zu definieren und zu beschreiben.
  • Erste Warum-Frage stellen: Stelle die Frage: „Warum ist dieses Problem aufgetreten?“, und notiere die Antwort. Diese erste Antwort führt oft zu einer offensichtlicheren oder oberflächlicheren Ursache des Problems.
  • Weitere Warum-Fragen stellen: Auf die erste Antwort folgen weitere Warum-Fragen. Jede Antwort wird mit einem weiteren „Warum?“ verfolgt, um tiefer in die Ursachenkette einzudringen.
  • Wiederhole dies bis zur eigentlichen Ursache des Problems: Dieser Prozess wird fortgesetzt, bis die Ursache des Problems erreicht wird. Häufig geschieht das bereits nach fünfmaligem Fragen, daher der Name der Methode. Manchmal kann es jedoch mehr Fragen erfordern. Daumenregel: Wiederhole die Frage so lange, bis sich die Antworten wiederholen. Dann bist du an der Ursache des Problems angekommen.

Fragen führen zu Antworten und Lösungsideen. Diese sollten festgehalten werden:

Intervention 2: Notizen nutzen, damit keine Idee verloren geht

Vier Tipps, wie du Notizen in Workshops nutzen kannst:

  1. Eine Notiz pro Idee: Schreibe jede Idee oder jeden Gedanken auf ein separates Notizblatt. Dies erleichtert das Sortieren und Organisieren der Ideen später.
  2. Klare, leserliche Schrift: Achte darauf, dass die Schrift groß und klar genug ist, damit jeder die Notizen lesen kann. Verwende am besten einen dicken Stift anstelle eines Kugelschreibers.
  3. Farbcodierung: Nutze verschiedene Farben, um unterschiedliche Arten von Ideen oder Themenbereiche zu kennzeichnen. Zum Beispiel könnten blaue Notizen für Probleme, gelbe für Lösungen und grüne für Verbesserungsvorschläge stehen.
  4. Gruppieren und Kategorisieren: Nachdem alle Ideen gesammelt wurden, ordne die Notizen thematisch in Gruppen oder Kategorien. Dies hilft, Zusammenhänge zu erkennen und die Diskussion zu strukturieren.

Du kannst Notizen auch für das Brainstorming verwenden. Dabei überlegt jeder Teilnehmer zunächst für sich eine Idee und schreibt sie auf. Dann stellt jeder Teilnehmer seine Ideen der Gruppe vor. Anschließend überlegt jeder Teilnehmer eine neue Idee für sich und schreibt sie auf. Wiederhole diesen Schritt, abhängig von der Gruppengröße, bis zu zehn Mal, um wirklich kreative Ideen zu erhalten.

Wenn du erfahren willst, wie Brainstorming im Product Backlog Refinement zu besseren Ideen führt, dann lies meinen Artikel: „Wie Scrum Teams bessere Ideen im Product Backlog Refinement erzeugen können“.

Intervention 3: Safety-Checks nutzen, um zu prüfen, wie wohl sich die Teilnehmer fühlen

Wie sicher fühlen sich die Teammitglieder, wenn sie persönliche Informationen preisgeben?

Wenn du ein Meeting moderierst, hat das Sicherheitsgefühl der Teammitglieder erheblichen Einfluss auf den Erfolg. Fühlen sich Teilnehmer deines Meetings nicht sicher, werden sie wahre Probleme verschweigen, da sie Angst haben, dafür verantwortlich gemacht zu werden. Möchtest du den Sicherheitslevel der Personen im Raum prüfen, dann musst du sie danach fragen.

Eine bewährte Frage ist:

„Auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 1 sehr unsicher und 5 sehr sicher bedeutet, wie sicher fühlst du dich, nicht verurteilt zu werden, wenn du Persönliches von dir preisgibst?“

Um ehrliche Antworten zu erhalten, solltest du die Umfrage anonym durchführen.

Intervention 4: Auf die Meta-Ebene gehen und über das eigentliche Problem oder Ziel sprechen

Wenn sich die Diskussion im Kreis dreht, kann der Wechsel auf eine andere Gesprächsebene hilfreich sein.

Hier vier Fragen, um aus der Detaildiskussion herauszuzoomen:

  • In welchen Details haben wir uns verloren, die uns vom eigentlichen Thema ablenken?
  • Wie trägt das, worüber wir gerade sprechen, dazu bei, unser Ziel zu erreichen?
  • Können wir noch einmal zusammenfassen, welches Problem wir lösen möchten?
  • Können wir einen Schritt zurücktreten, um das größere Bild zu betrachten?

Und hier zwei Fragen, um auf die Prozessebene zu wechseln und die Detaildiskussion neu auszurichten:

  • Wie können wir die verschiedenen Ansichten und Ideen im Team besser zusammenführen?
  • Welche Methode würde uns helfen, die Ideen zu vereinen, zu bewerten oder zu priorisieren?

Der Wechsel der Ebenen durch gezielte Fragen hilft, die Diskussion neu auszurichten.

Intervention 5: Visualisierung des Diskussionsverlaufs

Neben Fragen kannst du auch die Visualisierung nutzen, um den Diskussionsverlauf zu lenken.

So geht's:

Nutze ein Whiteboard oder Flipchart, um alle Punkte der Diskussion zu notieren. Verwende verschiedene Farben oder Symbole, um Themen, Fragen und Entscheidungen hervorzuheben. Wichtig ist, nur zu protokollieren und nicht zu interpretieren. Durch dein Protokoll haben die Teilnehmer die Möglichkeit, den Diskussionsverlauf in Echtzeit zu sehen und eine neue Richtung einzuschlagen.

Für komplexere Sachverhalte kannst du auch die Struktur von Mindmaps nutzen.

Mindmaps eignen sich hervorragend, um komplexe Diskussionsthemen übersichtlich darzustellen, da sie Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ideen aufzeigen und dem Team helfen, den Überblick zu behalten. Achte auch hier darauf, nur zu protokollieren und nicht zu interpretieren. Frage die Teilnehmer, welche Zusammenhänge sie zwischen den Ideen sehen und wie du sie visualisieren sollst.

Intervention 6: Zum Zuhören einladen, damit jede Idee Gehör findet

Menschen fällt es oft schwer, wirklich zuzuhören.

Dies führt dazu, dass sich Teilnehmer häufig wiederholen. Dieses Phänomen bezeichnen wir dann oft als Vielrednerei.

Hier zwei Tipps, damit jeder zu Wort kommen kann:

Führe Gesprächsregeln ein:

  • Statt „aber“ sollten die Teilnehmer die Wörter „und“ oder „gleichzeitig“ verwenden. Diese Änderung klingt theoretisch bedeutungslos. In der Realität führt sie jedoch zu einem ganz anderen Gesprächsklima. Das Wort „aber“ wischt die Idee, die zuvor geäußert wurde, förmlich weg. Das Wort „und“ verbindet die beiden Ideen.
  • Nutze „Bingo“. Wenn Teilnehmer die gleiche Idee haben, die gerade ein anderer Teilnehmer vorstellt, dürfen sie dies kenntlich machen, indem sie laut „Bingo“ rufen. So sehen alle in der Gruppe, dass dies auch ihre Idee war. Dies vermeidet häufig Wiederholungen derselben Idee in unterschiedlichen Worten.

Führe einen „Talking Stick“ und eine „Timebox“ ein:

  • Der „Talking Stick“ kann irgendein Gegenstand aus dem Raum sein. Wichtig ist, dass nur die Person, die ihn in der Hand hält, sprechen darf. Wenn sie fertig gesprochen hat, reicht sie den „Stick“ an die nächste Person weiter. Der Stick geht reihum, bis jeder in der Gruppe etwas gesagt hat.
  • Du kannst die Gesprächszeit auch zeitlich begrenzen. Nutze dazu einen Timer. Jeder, der den „Stick“ in der Hand hält, hat nur maximal 2 Minuten, um seine Idee zu beschreiben. Dann muss er den „Stick“ weiterreichen.

Diese Tipps helfen, mehr Fokus auf das Zuhören zu legen, indem das Sprechen reglementiert wird.

Intervention 7: Entscheidungskriterien formulieren

Wenn alle Ideen auf Notizen festgehalten wurden, besteht der nächste Schritt darin, sich auf eine Idee zu einigen.

Dies ist leichter gesagt als getan und endet nicht selten damit, dass die Teilnehmer unzufrieden das Meeting verlassen.

Was kannst du dagegen tun?

Eine Möglichkeit ist es, Kriterien zu erarbeiten, nach denen die Gruppe entscheidet. Ein einfaches Beispiel: Sollen Ideen in einem Produkt Backlog sortiert werden, dann hilft es, die Ideen nach zwei Kriterien zu bewerten:

  • Aufwand: Wie viel Aufwand würde die Umsetzung dieser Idee bedeuten?
  • Nutzen: Welchen Nutzen versprechen wir uns von der Umsetzung?

Daraus ergibt sich eine einfache Matrix. Diese Matrix hilft der Gruppe nicht nur, die Ideen zu sortieren, sondern kann auch als Entscheidungskriterium dienen. Zum Beispiel: Für uns haben „Quick Wins“, also Ideen, die viel Nutzen bei geringem Aufwand versprechen, Vorrang.

Intervention 8: Dot-Voting nutzen, um allen die Möglichkeit zu geben, alle Ideen zu bewerten

Neben Entscheidungskriterien gibt es noch eine andere Methode zur Priorisierung:

Das Abstimmen mit Punkten ist wahrscheinlich eine der schnellsten Methoden, um Ideen zu priorisieren.

Dabei erhalten alle Teilnehmer eine gleiche Anzahl von Klebepunkten, die sie frei auf die zur Auswahl stehenden Optionen verteilen können. Anschließend werden die Punkte für jede Option zusammengezählt und diese absteigend nach Punktzahl sortiert.

Die Punktabstimmung kannst du als Facilitator im Workshop verwenden, um dem Team zu helfen, aus einem großen Pool von Ideen einige wenige Optionen auszuwählen.

Eine Liste 17 weiterer Facilitation-Techniken findest du in meinem Artikel: „18 Werkzeuge, die jeder Scrum Master in seiner Facilitation-Toolbox haben sollte“.

Intervention 9: Entscheidung vorbereiten

Nach der Priorisierung folgt die Abstimmung.

Vier Dinge, die du dabei beachten solltest, damit sich die Diskussion nicht im Kreis dreht:

  • Hilf der Gruppe, einen Vorschlag zu formulieren, über den abgestimmt werden soll.
  • Wählt vor der Entscheidung den Modus der Entscheidung, etwa Konsensentscheidung. Mehr zu den unterschiedlichen Modi kannst du hier nachlesen.
  • Erkläre, wie weiter verfahren wird, falls der Vorschlag nicht angenommen wird. Etwa: Der Vorschlag wird so lange verbessert, bis alle mit vier von fünf Fingern abstimmen.
  • Und erst jetzt erfolgt die Abstimmung.

Intervention 10: Roman Voting verwenden, um jedem die Teilnahme an der Abstimmung zu ermöglichen

So moderierst du eine Konsensentscheidung:

Nachdem der Vorschlag vorgestellt wurde, gibt es Raum für Verständnisfragen. Sobald diese gestellt und beantwortet wurden, kann jeder der Reihe nach seine Sichtweisen und Überlegungen zum Vorschlag äußern. Sobald die Gruppe sich einig ist, dass sie nun abstimmen kann, wird nach der Roman-Voting-Methode abgestimmt. (Hierbei handelt es sich um eine Meta-Entscheidung. Was das ist, habe ich hier konkret beschrieben.) 

Dann erfolgt die Abstimmung mit den Fingern. 

Der Vorschlag wird angenommen, wenn jeder der Teilnehmer der Gruppe mindestens vier von fünf Fingern zeigt. Streckt jemand weniger als vier Finger aus, wird der Vorschlag vor der nächsten Abstimmung überarbeitet, um die Einwände dagegen (drei Finger oder weniger) zu entkräften.

Übrigens – ich bin fest davon überzeugt, dass eine der ersten Fähigkeiten, die Scrum Master erlernen sollten, die Moderation von Workshops und Scrum Events ist.

  • Damit unterstützt du Teams dabei, ihre Ziele zu erreichen, – ohne in endlose Diskussionen zu verfallen.
  • Du sparst deinem Unternehmen Geld, indem Meetings wirklich mit einer Entscheidung enden und nicht mit einem weiteren Meeting.

So geht's: Besuche die „Professional Scrum Facilitation“-Schulung.


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