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Coaching-Haltung für Scrum Master – Teil 1: 5 essenzielle Fragen, um Blockaden zu lösen, den Lösungsraum zu öffnen und Zusammenarbeit zu ermöglichen

May 6, 2024

Viele Scrum Master finden es (noch) schwierig, eine Coaching-Haltung einzunehmen. Sie wissen nicht, wie sie sich absichtslos auf eine Situation einlassen können und nicht als Experten auftreten.

Heute möchte ich dir helfen, die Haltung des Nicht-Wissenden einzunehmen. Du nimmst eine Coaching-Haltung ein, indem du aktiv zuhörst.

Warum? Aktives Zuhören ist gleichbedeutend mit einer Absichtserklärung:

Jetzt höre ich zu, jetzt bleibe ich neugierig, jetzt frage ich, um zu ermöglichen, nicht nur um zu verstehen.

(Wie dir das gelingt, verrate ich dir im Artikel „Warum aktives Zuhören kein Soft-Skill, sondern ein Hard-Skill ist (und wie Scrum Master diese wichtige Fähigkeit erlernen können)“.)

Welche Fragen solltest du stellen? Das hängt natürlich von der Situation ab. Und die richtigen Fragen zu stellen, scheint eine Wissenschaft zu sein. Es gibt ganze Bücher, gefüllt mit Hunderten von Coaching-Fragen.

Allerdings bin ich nach vielen Jahren als Scrum Master zu der Einsicht gekommen, dass es nur eine Handvoll Fragen gibt, mit denen du als Scrum Master starten solltest. Sie klingen vielleicht nicht so spektakulär, aber sie haben mir zuverlässig in jeder Situation geholfen, Blockaden zu lösen, den Lösungsraum zu öffnen und Zusammenarbeit im Scrum Team zu ermöglichen.

Hier sind meine 5 essenziellen Fragen:

Frage 1: „Was noch?“ – ermuntert zum Weiterdenken

Welcher Scrum Master kennt diese Situation nicht?

Du hörst konzentriert zu und plötzlich gerät dein Gegenüber ins Stocken und verstummt. Was nun? Die Stille fühlt sich unangenehm an. Solltest du weiter warten? Vielleicht sagt der andere noch etwas. Solltest du einen Rat geben? Aber dann würdest du die Haltung des Nicht-Wissenden verlassen. Was machst du?

Diesen inneren Monolog führte ich lange Zeit auch. Bis mir Marc Kaufmann einen hilfreichen Tipp verriet, was er in einer solchen Situation macht. Wenn die Stille zu unangenehm wird, stellt er nur eine Frage:

„Was noch?“

Diese Frage wirkt bei mir immer Wunder. Die Stille ist durchbrochen und mein Gegenüber erzählt weiter.

Eine Warnung: So banal diese Frage auch klingen mag, du solltest sie genau so stellen. Wenn du etwa „Noch was?“ nutzt, dann haben die Worte eine ganz andere Bedeutung. Du hörst sofort den Unterschied, wenn du beide Varianten laut wiederholst. „Noch was?“ ist eine geschlossene Frage, dein Gegenüber kann sie einfach mit „Nein“ beantworten und die Frage regt somit nicht zum Weitererzählen an.

Wenn wir schon bei einer Warnung sind, dann habe ich gleich noch eine weitere für dich:

Frage 2: „Wozu?“ – hilft, das Wünschenswerte zu erkennen

Nutze nicht die Frage „Warum?“, wenn du deinem Gegenüber helfen willst, den Zweck zu erkennen.

Die Frage „Warum?“ führt selten zu einem wünschenswerten Zustand. Nach meiner Erfahrung führt sie eher dazu, dass sich dein Gegenüber weiter in die Problemstellung vergräbt und nach Gründen sucht, warum dieses Problem aufgetreten ist. Noch schlimmer: Häufig führt es zu Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen.

Willst du als Scrum Master Veränderungen ermöglichen, solltest du deinem Gegenüber helfen, Lösungen zu finden und nicht im Problem zu verharren. Wie dir das gelingt?

Stelle die Frage: „Wozu?“

Diese Frage ist genial. „Wozu?“ führt direkt in die gewünschte Zukunft, sie hilft dabei, zu verstehen und Sinn zu erkennen.

Hier noch eine Alternativfrage:

Frage 3: „Was stattdessen?“ – hilft, ein Ziel zu formulieren

Manchmal verstrickt sich dein Gegenüber in Problemen.

Es scheint keinen Ausweg mehr zu sehen, was zu vielen negativen Emotionen führt. Willst du ihm helfen, nach einem Ausweg zu suchen, dann frage:

„Was sollte stattdessen sein?“

Erzählt dir ein Entwickler, dass er keinen Sinn im täglichen Stand-up sieht und nicht mehr teilnehmen will, dann lade ihn ein, Alternativen für das Stand-up zu finden. Du erreichst ein konstruktives und lösungsorientiertes Denkmuster, indem du die Frage stellst:

„Was wünschst du dir stattdessen?“

Diese Frage hilft deinem Gegenüber, ein konkretes Ziel zu formulieren oder einen wünschenswerten Zustand zu beschreiben.

Frage 4: Nach Ausnahmen fragen, um neue Möglichkeiten zu schaffen

Und noch eine Alternative zur „Stattdessen?“-Frage:

„Berichte mir bitte von einer Situation, in der das Problem weniger schlimm war.“

Diese Frage hilft, Ausnahmen von dem Problem zu erfragen. Wichtig bei dieser Frage ist, nicht zu unterstellen, dass es Zeiten gab, in denen das Problem nicht existierte, sondern nur danach zu fragen, wann es nicht so schlimm gewesen ist. In diesen Situationen können häufig Lösungsansätze für das Problem versteckt sein. Mit der Aufforderung: „Berichte mir doch von einer Situation, in der das Problem weniger schlimm war“, unterstützt du dein Gegenüber dabei, sie zu erkennen und neue Möglichkeiten für Lösungen zu schaffen.

Manchmal reichen die „Stattdessen?“-Frage oder das Fragen nach Ausnahmen allerdings nicht aus.

Frage 5: „Wozu, wozu, wozu?“ – hilft, zum Kern vorzudringen

Kann dein Gegenüber den wünschenswerten Zustand nicht klar formulieren? Dann kannst du deinen Gesprächspartner dabei unterstützen, indem du mehrfach „Wozu?“ fragst.

Wird die Frage „Was wünschst du dir statt eines täglichen Stand-ups?“ etwa folgendermaßen beantwortet: „Ich würde gerne in Ruhe arbeiten können und nicht ständig in Meetings meine Zeit verbringen.“

Dann hilft die Frage: „Wozu möchtest du gerne in Ruhe arbeiten?“, um zum eigentlichen Ziel vorzudringen:

„Ich möchte gerne mehr Fortschritt bei meinen Aufgaben machen.“

Frage noch einmal weiter, damit dein Gegenüber sein Ziel erkennt: „Wozu möchtest du gerne mehr Fortschritt erzielen?“

„Damit ich die Ziele und Erwartungen erreiche, die an unser Team gestellt werden.“

Das mehrfache Stellen der „Wozu?“-Frage hilft, dass sich dein Gegenüber schrittweise dem eigentlichen Ziel annähert. Es öffnet sich für die Person der Lösungsraum, sie überwindet Blockaden und kann neue Optionen in Erwägung ziehen, um ihre Ziele zu erreichen.

Und darum geht es am Ende, wenn du als Scrum Master die Haltung des Coaches einnimmst.

Ich habe die 5 Fragen noch einmal als Cheat Sheet für dein nächstes Coaching Gespräch zusammengefasst. Hast du daran Interesse? Dann schreibe mir eine E-Mail und ich schicke es dir.

Die Coaching-Haltung stellt nur eine Facette eines Scrum Masters dar.

Wenn du bereit bist, auch andere Facetten kennenzulernen, zu nutzen und dadurch ein kompetenter und vielseitiger Scrum Master zu werden, dann empfehle ich dir den Besuch der „Professional Scrum Master – Advanced“-Schulung.

Bei diesem Training handelt es sich weder um eine Coaching-Ausbildung, noch unterrichten wir ausschließlich Liberating Structures oder nur Facilitation. Sondern: Marc und ich helfen dir, dich in allen Aspekten der Verantwortung, die ein Scrum Master innehat, weiterzuentwickeln.

Mehr noch: Der Besuch ist eine Investition in deine Karriere als Scrum Master. Denn nur 5 % aller Scrum Master weltweit führen das Zertifikat „Professional Scrum Master 2.

 

 


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