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Begeisterung für Liberating Structures entfachen: Nutze meine bewährte Blaupause, um ein inspirierendes Meet-up zu gestalten – auch für Erst-Facilitators

February 29, 2024

Wie kann ein Meet-up gestaltet werden, das Begeisterung für Liberating Structures weckt?

Joel organisiert das Scrum-Meetup in Leipzig. Kürzlich hat er mich gefragt, wie ein Meet-up zu Liberating Structures gestaltet werden könnte. Da Joel nicht der Einzige ist, der mir diese Frage stellt, dachte ich, ich teile in diesem Artikel einen meiner Strings und erläutere, warum er sich für Meet-ups bewährt hat. Ich habe diesen String erstmals im New-Work-Meet-up 2019 in Regensburg eingesetzt und seitdem immer wieder verbessert und angepasst.

Los geht's:

Beginnen wir mit dem Zweck des Meet-ups

Vor der Erstellung des Strings, also der Abfolge der einzelnen Liberating Structures, solltest du dir Gedanken über die Rahmenbedingungen der Veranstaltung machen.

Ich stelle mir dazu immer folgende Fragen:

  • Was ist das Ziel der Veranstaltung?
  • Wie viel Zeit steht zur Verfügung?
  • Wie viele Personen werden erwartet?
  • Welcher Raum steht zur Verfügung und wie ist er ausgestattet?
  • Was ist das Thema der Veranstaltung?

Hier meine Überlegungen:

  • Mein Ziel ist es, den Teilnehmern die Möglichkeiten von Liberating Structures näherzubringen. Dazu sollen sie mindestens eine der grundlegenden Liberating Structures (z. B. Impromptu Networking oder 1-2-4-ALL) selbst erleben. Nach jeder Liberating Structure soll es einen kurzen Austausch geben, was diese Liberating Structure ermöglicht hat und wo sie genutzt werden kann, um die Erkenntnisse bei den Teilnehmern zu festigen.
  • Die Dauer der Veranstaltung beträgt 120 Minuten. Pausen nicht vergessen.
  • Alle Liberating Structures können mit beliebig vielen Menschen durchgeführt werden. Allerdings ist ab einer Gruppengröße von 20 Personen ein Co-Facilitator ratsam. Ich gehe bei den Teilnehmern von keinen Vorkenntnissen über Liberating Structures und geringen Vorkenntnissen im Bereich Agilität aus.
  • Am besten eignet sich ein Raum mit viel freier Fläche und Stühlen, die bei Bedarf genutzt werden können. Tische sind nicht nötig. Sollten Tische im Raum sein, ist es ratsam, sie vorab an die Wand zu schieben.
  • Als Thema habe ich mich für diese Einladung entschieden: „Gemeinsam ergründen, was effektive Selbstorganisation erfordert.“

Warum nutze ich diese Einladung?

Schauen wir uns die Details an:

  • „Gemeinsam ergründen“: Die Einladung kommuniziert das Wesen von Liberating Structures und deren Verwendung.
  • „Effektive Selbstorganisation“: Ich suchte nach einem Thema, zu dem jeder etwas beitragen kann, das aber gleichzeitig zu New Work, Agilität und Scrum passt.

Die Einladung ist das wichtigste Element, wenn wir Liberating Structures nutzen. Als Facilitator sollten wir hier einige Zeit investieren und viel Wert darauf legen, sie während des Meet-ups auch häufig zu wiederholen. Mit der Einladung gibst du als Facilitator die Richtung vor; die Inhalte kommen dann von den Teilnehmern.

Aus dieser Einladung können wir jetzt einen String ableiten:

Als Erstes möchte ich die Teilnehmer miteinander in Kontakt bringen und ihnen helfen, ihre Erfahrungen mit selbstorganisierenden Teams zu rekapitulieren. Ich möchte ihnen ermöglichen, zu ergründen, was sie bereits mit Selbstorganisation verbinden.

Dazu eignet sich Folgendes:

Nutze Impromptu Networking, um Verbindungen zwischen den Teilnehmern zu schaffen und Selbstorganisation zu erforschen

Hier die konkrete Einladung zum spontanen Netzwerken:

„Welche Verhaltensweisen charakterisieren selbstorganisierende Teams? Nenne Beispiele.“

Die Schritte im Detail:

  • Fordere die Teilnehmer auf, sich zu Paaren zusammenzufinden. Bitte Personen, die noch auf der Suche nach einem Partner sind, ihre Hand zu heben, damit sie schneller einen Partner finden.
  • Bitte die Teilnehmer, die Frage 4 Minuten lang in Paaren zu diskutieren: „Welche Verhaltensweisen charakterisieren selbstorganisierende Teams? Nenne Beispiele.“ Erinnere die Teilnehmer daran, die Zeit gleichmäßig untereinander aufzuteilen.
  • Läute nach 4 Minuten eine Glocke und bitte die Teilnehmer, neue Paare zu bilden und dieselbe Frage erneut zu diskutieren.
  • Läute nach weiteren 4 Minuten erneut eine Glocke und bitte die Teilnehmer, abermals neue Paare zu bilden und die Frage ein drittes Mal zu diskutieren. In der letzten Runde kannst du die Teilnehmer einladen, auf Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den vorherigen Gesprächen zu achten.

Vorstellung der Einladung, Erklärung der Runden und Durchführung der Runden: 20 Minuten

Nachbesprechung der Struktur:

Bitte jeden Teilnehmer, die Antworten auf folgende Fragen jeweils für sich in sein Notizbuch zu schreiben. Lies dazu jede Frage laut vor und gib den Teilnehmern etwa 30 Sekunden Zeit zur Beantwortung, bevor du zur nächsten Frage übergehst.

  • Was war das Besondere an diesen Interaktionen?
  • Was wurde durch diese Struktur ermöglicht?
  • Wie und wo kannst du eine Struktur wie „Impromptu Networking“ in deinem Alltag einsetzen?

Nachdem jeder die Fragen für sich beantwortet hat, bittest du die Teilnehmer, in einem kurzen Blitzlicht zu einer der Fragen ihre Erkenntnisse mit der gesamten Gruppe zu teilen. Die Nachbesprechung sollte nicht länger als 10 Minuten dauern.

Nachdem die Teilnehmer erforscht haben, was Selbstorganisation für sie ausmacht, wollen wir im nächsten Schritt erkunden, was Selbstorganisation möglich macht.

Nutze das Appreciative Interview, um verborgene Faktoren zu entdecken, die Selbstorganisation ermöglichen

Hier die konkrete Einladung zum Interview:

„Teile eine persönliche Geschichte aus einer Zeit, in der du mit einem Team gearbeitet hast, das sich effektiv selbst organisiert hat, oder mit einem Team, das Anzeichen von Selbstorganisation zeigte. Was hat diesen Erfolg ermöglicht?“

Die Schritte im Detail:

  • Erkläre die Reihenfolge der Schritte.
  • Die Teilnehmer führen in Paaren Interviews durch. Eine Person erzählt eine Erfolgsgeschichte, während die andere Person darauf achtet, was den Erfolg ermöglicht hat. Dabei soll der Interviewer ausschließlich Fragen stellen (keine Ratschläge, Vorschläge etc.). Erinnere die Teilnehmer daran, sich Notizen zu machen (10 Minuten, jedes Interview 5 Minuten).
  • Lade die Paare ein, sich zu Vierergruppen zusammenzufinden. Jeder in der Gruppe erzählt nun die Erfolgsgeschichte seines Partners. Bitte die Zuhörer, auf Muster und Erfolgsfaktoren zu achten und sich darüber Notizen zu machen (15 Minuten).
  • Bitte anschließend die Teilnehmer, einige ihrer Erkenntnisse in Form von kurzen Blitzlichtern mit anderen Gruppen zu teilen (5 Minuten).

Das Appreciative Interview sollte insgesamt nicht länger als 30 Minuten dauern.

Nachbesprechung der Struktur:

Bitte jeden Teilnehmer, die Antworten auf folgende Fragen jeweils für sich in sein Notizbuch zu schreiben. Lies dazu jede Frage laut vor und gib den Teilnehmern etwa 30 Sekunden Zeit zur Beantwortung, bevor du zur nächsten Frage übergehst.

  • Was war das Besondere an diesen Interaktionen?
  • Was wurde durch diese Struktur ermöglicht?
  • Wie und wo kannst du eine Struktur wie das „Appreciative Interview“ in deinem Alltag einsetzen?

Nachdem jeder die Fragen für sich beantwortet hat, bittest du die Teilnehmer, in einem kurzen Blitzlicht zu einer der Fragen ihre Erkenntnisse mit der gesamten Gruppe zu teilen. Die Nachbesprechung sollte nicht länger als 10 Minuten dauern.

Bevor wir zur nächsten Struktur übergehen, ist es Zeit für eine Pause.

Nach der Pause laden wir die Teilnehmer ein, basierend auf dem, was sie bereits gehört haben, Ideen zu entwickeln, wie Selbstorganisation gefördert werden kann.

Einsatz von 1-2-4-All zur Generierung von Ideen und Vorschlägen zur Förderung der Selbstorganisation

Hier die konkrete Einladung zur Ideengenerierung:

„Welche Strategien, Praktiken oder Ansätze fallen euch ein, um auf den gehörten Erfolgen aufzubauen, die auch in eurem Team Selbstorganisation ermöglichen könnten?“

Die Schritte im Detail:

  • Fordere jeden Teilnehmer auf, sich zunächst alleine Gedanken zu dieser Frage zu machen (maximal 1 Minute).
  • Bitte dann jeden, sich zwei Minuten Zeit zu nehmen, um in Paaren Ideen zu entwickeln, die auf den individuellen Überlegungen basieren (2 Minuten).
  • Lade anschließend die Paare ein, sich mit einem anderen Paar zusammenzutun und in diesen Vierergruppen die nächsten 4 Minuten zu nutzen, um die Ideen auszutauschen und weiterzuentwickeln. Erinnere die Teilnehmer daran, auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu achten.
  • Bitte zum Abschluss die Vierergruppen, ihre Erkenntnisse und Einsichten mit allen anderen zu teilen, indem du fragst: „Welche Idee ist dir in der Diskussion besonders in Erinnerung geblieben?“

Die Ideengenerierung mit 1-2-4-All sollte insgesamt nicht länger als 15 Minuten dauern.

Nachbesprechung der Struktur:

Bitte jeden Teilnehmer, die Antworten auf folgende Fragen jeweils für sich in sein Notizbuch zu schreiben. Lies dazu jede Frage laut vor und gib den Teilnehmern etwa 30 Sekunden Zeit zur Beantwortung, bevor du zur nächsten Frage übergehst.

  • Was war das Besondere an diesen Interaktionen?
  • Was wurde durch diese Struktur ermöglicht?
  • Wie und wo kannst du eine Struktur wie „1-2-4-All“ in deinem Alltag einsetzen?

Nachdem jeder die Fragen für sich beantwortet hat, bittest du die Teilnehmer, in einem kurzen Blitzlicht zu einer der Fragen ihre Erkenntnisse mit der gesamten Gruppe zu teilen. Die Nachbesprechung sollte nicht länger als 10 Minuten dauern.

Nachdem die Teilnehmer Selbstorganisation charakterisiert, verborgene Faktoren für erfolgreiche Selbstorganisation aufgedeckt und Überlegungen angestellt haben, wie sie Selbstorganisation stärken können, bleibt als letzter Schritt, konkretes Handeln zu planen, das sie gleich am nächsten Tag umsetzen können.

Einsatz der „15-%-Lösung“, um praktikable Maßnahmen für den Alltag zu identifizieren

Die Einladung zur Identifikation einer praktikablen Maßnahme lautet:

„Welche Strategien, Praktiken oder Ansätze könntest du ausprobieren, um Selbstmanagement in deinem Umfeld zu fördern?“

Die Schritte im Detail:

  • Erkläre den Teilnehmern das Konzept der 15 %: „Jede noch so weite Reise beginnt mit einem ersten Schritt.“
  • Fordere dann die Teilnehmer auf, dass jeder seine „15-%-Lösung“ formuliert und in sein Notizbuch schreibt, indem du die folgende Frage stellst: „Was ist deine ‚15-%-Lösung‘? Welche Strategien, Praktiken oder Ansätze könntest du ausprobieren, um Selbstmanagement in deinem Umfeld zu fördern? Was ist dabei dein erster Schritt, den du eigenständig gehen kannst, ohne um Erlaubnis bitten oder nach zusätzlichen Ressourcen fragen zu müssen?“

Nachbesprechung der Struktur:

Bitte jeden Teilnehmer, die Antworten auf folgende Fragen jeweils für sich in sein Notizbuch zu schreiben. Lies dazu jede Frage laut vor und gib den Teilnehmern etwa 30 Sekunden Zeit zur Beantwortung, bevor du zur nächsten Frage übergehst.

  • Was war das Besondere an diesen Interaktionen?
  • Was wurde durch diese Struktur ermöglicht?
  • Wie und wo könntest du eine Struktur wie die „15-%-Lösung“ in deinem Alltag einsetzen?

Nachdem jeder die Fragen für sich beantwortet hat, bittest du die Teilnehmer, in einem kurzen Blitzlicht zu einer der Fragen ihre Erkenntnisse mit der gesamten Gruppe zu teilen. Die Nachbesprechung sollte nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zum Abschluss noch der zeitliche Ablaufplan und eine Checkliste für die Materialien:

Zeitlicher Ablauf

Material-Checkliste

  • Notizbuch und Stift für jeden Teilnehmer, um Notizen zu den Strukturen zu machen
  • Namensschilder
  • Glocke als Signalgeber, sollte der „Schweigefuchs“ versagen
  • Computer mit Präsentation oder Flipchart mit den Fragen und QR-Codes zu weiterführenden Materialien
Abschließende Tipps

Zum Schluss noch einige Tipps, die sich für mich in der Praxis bewährt haben:

  • Wenn du unter Zeitdruck stehst, kannst du die Anzahl der Fragen in den Nachbesprechungen und die Anzahl der Blitzlichter reduzieren.
  • Beantworte nur Rückfragen zu den Strukturen, nicht zum Inhalt. Fragen zu deiner Meinung über Selbstorganisation oder Ähnliches solltest du auf einen Zeitpunkt nach dem Meet-up verschieben. Als Facilitator bist du für die Moderation verantwortlich, nicht für den Inhalt. Halte diese Grenze ein.
  • Liberating Structures skalieren durch das Durchmischen der Teilnehmer in den einzelnen Strukturen, nicht dadurch, dass am Ende jeder seine Erkenntnisse teilt. Für Neulinge kann dies ungewohnt sein, da es den Anschein hat, dass nicht jeder alles mitbekommt. Bei Rückfragen kannst du die Teilnehmer bitten, bis zum Ende zu warten und dann ihre Frage erneut zu stellen. Liberating Structures lassen sich besser erfahren als erklären.

Jetzt bist du an der Reihe. Viel Spaß beim Ausprobieren meines bewährten Meet-up-Strings, der dir helfen wird, auch in deiner Community die Begeisterung für Liberating Structures zu entfachen.

PS: Bei Fragen, Unterstützungsbedarf bei der Moderation oder dem Wunsch, dass ich den String in deinem Unternehmen anleite, schreibe mir gerne einen Kommentar oder eine Nachricht.

PPS: Wenn du in Leipzig oder Umgebung wohnst, besuche unbedingt das Scrum-Meetup in Leipzig. Joel freut sich bestimmt!


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