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3 Tipps: So überstehst du jede Fragerunde in Vorträgen und Seminaren – ohne inkompetent oder unsicher zu wirken

April 4, 2024

Wie schaffen es Keynote-Speaker, ihre Zuhörer mit ihren Antworten zu fesseln?

Diese Frage habe ich mir lange gestellt. Zum ersten Mal habe ich mir diese Frage nach einem Vortrag von Gunther Verheyen im Jahr 2018 auf dem Scrum Day in Stuttgart gestellt. So oft, wie ich ihn in meinen Artikeln zitiere, ist es kein Geheimnis, dass ich ein riesiger Fan von Gunther bin. Ich habe alle seine Bücher und Artikel gelesen und alle seiner Pocket-Classes zu Scrum besucht. Was mich 2018 bei seiner Keynote besonders faszinierte, war seine Art, Fragen zu beantworten. Jede Frage konnte er – scheinbar ohne nachdenken zu müssen – mit einer kleinen Anekdote aus seinem Leben oder einer Erkenntnis aus seiner Arbeit mit Scrum Teams beantworten. Gunther ist so ein Keynote-Speaker, der Zuhörer fesselt. Seine Antworten lassen Zuhörer mit offenem Mund zurück. Seitdem habe ich einige Vorträge von Gunther gehört. Den letzten im vergangenen Jahr wieder auf dem Scrum Day. Und wieder war ich fasziniert von seiner Art, Fragen so eloquent und schnell auf den Punkt zu beantworten. Was mir aber diesmal dabei auffiel:

Er nutzte ähnliche Anekdoten.

Und wenn du jetzt denkst, das sei „Cheating“, dann muss ich dich enttäuschen.

Es ist kein Betrug, sondern genial!

Was mich zum ersten Tipp bringt:

Tipp 1: Sammle persönliche Geschichten

In den letzten gut sechs Monaten habe ich versucht, Gunther nachzuahmen.

Ich habe mich hingesetzt und alle Anekdoten, Einsichten und Lektionen aus meiner Arbeit mit Scrum Teams aufgeschrieben.

Hier einige der Lektionen auf der Liste:

  • Als Product Owner nimmst du im Sprint Review keine User Stories ab. Nur der Kunde kann entscheiden, was wertvoll ist.
  • Wenn das Daily Scrum kein Status-Meeting sein soll, dann sollte es sich um die Arbeit drehen und nicht um die Menschen.
  • Wenn du feststellst, dass zwei Teams das gleiche Feature entwickeln, dann ist es höchste Zeit für teamübergreifendes Refinement und gemeinsame Planung von Sprints.

Seitdem ich diese Liste im Hinterkopf habe, fällt es mir leichter, spontan Fragen in Workshops oder Vorträgen zu beantworten. Wahrscheinlich hat sich Gunther keine Liste gemacht, aber über die Jahre so viele Fragen beantwortet, dass er weiß, welche Geschichten beim Publikum ankommen.

Für alle wie mich, die nicht so viel Erfahrung haben, ist mein Tipp deshalb:

Sammle vor dem Vortrag persönliche Geschichten, dann kannst du am Ende auch die Fragen eloquent, kurz und auf den Punkt beantworten.

Natürlich habe ich nicht zu jeder Frage eine passende Geschichte. Was uns zum nächsten Tipp bringt:

Tipp 2: Überlege dir, welche Fragen du nicht beantworten willst

Ich denke, es gibt drei Arten von Fragen:

  • Fragen, die du beantworten willst.
  • Fragen, deren Antwort du auf später verschieben willst.
  • Fragen, die du nicht beantworten kannst.

Für die Fragen, die du beantworten willst, helfen dir die gesammelten persönlichen Geschichten, damit du die Frage kurz und knapp beantworten kannst. Manchmal werden mir aber auch Fragen in Workshops und Vorträgen gestellt, die ich nicht richtig verstehe, oder es sind mehrere Fragen in einer Frage verpackt, oder die Fragen sind sehr situationsspezifisch. Wenn ich eine solche Frage vor allen Teilnehmern beantworte, befürchte ich, dass ich einige Zuhörer verliere, da die Antwort für sie nicht relevant ist.

Diese Frage beantworte ich meist so:

„Das ist eine spannende Frage. Gleichzeitig ist sie etwas spezifisch und ich möchte nicht alle mit meiner Antwort langweilen. Wollen wir deine Frage in der Pause im Detail besprechen? Ich glaube, die Beantwortung verdient mehr Zeit. Passt das für dich?“

Ich hoffe, du kannst erkennen, wie wichtig es mir ist, dem Fragenden zu signalisieren, dass ich seine Frage beantworten werde, im Moment aber nicht der passende Rahmen dafür ist.

Und dann gibt es Fragen, die ich nicht beantworten kann. In einem „Applying Professional Scrum“-Training wurde ich beispielsweise mal gefragt:

„In unserem Unternehmen arbeiten wir ISO-konform nach der Norm 27001 und unsere Kunden erwarten, dass wir nach Automotiv SPICE arbeiten. Wie lässt sich das mit einem transparenten Backlog, der aus User Stories besteht, vereinen?“

Meine Antwort:

„Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Aber wahrscheinlich sollte ich das. Lass mich etwas recherchieren und ich berichte dir später, was ich herausgefunden habe.“

Eine ähnliche Antwort könnte auch lauten:

„Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung. Hat sonst jemand Erfahrung mit diesem Thema?“

Diese Art, eine Frage zu beantworten, fällt mir nicht leicht.

Als Scrum Trainer möchte ich in einem Scrum Training nicht inkompetent oder verunsichert wirken. Ich setze aber darauf, dass die Teilnehmer in meinen Trainings meine Ehrlichkeit zu schätzen wissen.

Wenn du den Entschluss gefasst hast, eine Frage zu beantworten, dann bringt uns das zu meinem letzten Tipp:

Tipp 3: Strukturiere deine Antwort

Hier meine Struktur:

Ich habe sie 2019 von Simon Reindl in meinem „Train-The-Trainer“-Workshop für das „Professional Scrum Master“-Training gelernt. Das Vorgehen ist speziell für Scrum Trainings, du kannst es aber auch für Vorträge oder andere Workshops nutzen.

Es besteht aus vier Schritten.

  • Schritt 1: Wiederhole die Frage. Dies verschafft dir Zeit, deine Antwort zurechtzulegen.
  • Schritt 2: Beantworte die Frage mit einem „Mic Drop“. Dazu komme ich gleich noch.
  • Schritt 3: Füge der Antwort ein Beispiel oder eine persönliche Geschichte hinzu. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „eine“.
  • Schritt 4: Nun warte auf Rückfragen.

Du fragst dich bestimmt, was mit „Mic Drop“ gemeint ist?

Mit „Mic Drop“ ist gemeint, dass die Antwort auf die Frage für Stille im Raum sorgen sollte. Beginne die Antwort mit einer tief verborgenen Erkenntnis. Ziel ist, dass alle Teilnehmer eine Einsicht durch die Antwort auf die Frage erhalten. Nehmen wir zum Beispiel diese Frage, welche mir letzte Woche im „Applying Professional Scrum“-Training gestellt wurde: „Was mache ich, wenn die Entwickler dem Scrum-Prozess nicht folgen?“

Ein möglicher Mic-Drop:

„Bei Scrum geht es mehr um Verhaltensweisen als um einen stringenten Prozess.“

So werden die Teilnehmer mit einer neuen Erkenntnis oder einem bisher unbekannten Gedankengang überrascht. Nachdem du die entstandene Stille einen Moment im Raum stehen lässt, kannst du mit Schritt 3 fortfahren.

(Wenn du auf den Link zum  „Applying Professional Scrum“-Training geklickt hast und dich fragst, warum dort keine Termine gelistet sind, dann liegt das daran, dass ich das Training nur für Teams und nur in-house anbiete. Wenn das für dein Unternehmen interessant ist, dann schreibe mir eine Nachricht, aktuell nehme ich Anfragen für Q3 an.)


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